"Ach, es war ja nicht alles schlecht..." Ein Satz, den man in Litauen eigentlich nicht hört. Die "Sowejtzeit", das war die Zeit der Besetzung. Da waren die bösen Russen (denen auch die heutigen Machthaber und Gazprom entsprechen) und die heldenhaften litauischen Partisanen. Gelegentlich bekommt das Bild Risse durch litauische KGB-Reservisten oder durch die russische Unterstützung für Politiker, aber im Allgemeinen ist die Behandlung der Sowjetzeit als solche Tabu. Geschichten wie "Sonnenallee" oder "Good Bye, Lenin"? Unvorstellbar, vor allem als Verhöhnung derer die unter dem Regime gelitten haben. Und so freuen sich die alten Kader insgeheim, dass ein Großteil der Akten unerreichbar in Moskau liegt.
Jetzt ein ganz anderes Phänomen: Die Wiedergeburt des litauischen Films. Jedes Jahr gibt es mindestens einen, doch recht hochwertigen, litauischen Spielfilm im Kino: Von der Verfilmung des Buches "Der Götterwald" von Balys Sruoga - ein anderer Blick auf ein Konzentrationslager über kleine Businessgangsterfilme wie "Diringas" bis zum Schicksal der Emmigranten in "Unnütze Menschen".
Und jetzt auf einmal sowas: Ja, auch in der Sowjetunion haben "ganz normale Menschen" gelebt. Aus der Selbstdarstellung des Films: "Die Sowjetunion in den 80ern. Eine Kleinstadt an der Peripherie. In die Nachbarschaft der 11jährigen Emilija zieht nach der Scheidung der Elten der gleichaltige Rolanas [offensichtlich ein Russe] mit seinem Vater. Zwischen den beiden entsteht eine Beziehung jedoch auch Furcht nur durch die Wand, wenn jeder auf seiner Seite des Balkones sitzt oder über den Stromschalter. Auch Emilijas Eltern sind nah der Scheidung und die Kinder finden viel gemeinsames. Doch ein beinahe tragischer Unfall versperrt Emilija den Weg auf den Balkon und die beiden werden zu einem "richtigen" Treffen gezwungen."
Klingt auf jeden Fall nicht uninteressant und seit Monaten sind Freunde und Bekannte "heiß" auf diesen Film. Ob er die Erwartungen erfüllt, kann ich selbst erst sagen, wenn ich ihn gesehen habe, er ist nämlich gerade erst angelaufen. Ich bin mir fast sicher, dass die Hälfte der Kino-Besucher sagt "Super" und die andere Hälfte "Schwach", das ist nämlich immer so.
Gespannt darf man auch sein, was als nächster Film folgen wird. Und alle, können jetzt schon einen Filmsselbstdarstellung via You tube und die Filmhomepage
http://balkonas.wordpress.com/
sehen.
3 Kommentare:
ok, danke für den Filmtipp - können wir da hoffen, dass es auch mal in Deutschland gezeigt wird?
Auf dem "Baltic Film Festival" in Berlin wird neben der Buchverfilmung "Whisper of sin" noch "Woman on the roof", "Feelings" und "the collectress" gezeigt - wie stehts damit, zählt das auch schon zum "neuen litauischen Film"?
irgendwie schaffen die es dort Filme zu zeigen, die mir hier noch nicht aufgefallen sind ;-)
Wenn ich mich recht erinnere ist der Nachbar Rolanas kein russischer sondern ein deutscher Junge (Rolanas = Roland?). Hab den Film vor über 2 Jahren gesehen und kann mich jedenfalls noch erinnern, dass Rolanas einen deutschen Rocksong hörte.
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