19 Januar 2007

Schweinchenparade zu Weihnachten

Interessante Eindrücke aus Litauen sind in einem Bericht der "Allgemeinen Zeitung" in Bad Kreuznach nachzulesen. Karen Schewina (die auch das Foto unten gemacht hat) kommentierte für die heimatliche deutsche Lokalpresse litauische Weihnachts- und Neujahrsbräuche.Einen Weihnachtsmarkt haben die deutschen Augen dabei beim Besuch in Kaunas vergeblich gesucht, selber Plätzchen zu backen kam ihren litauischen Gastgebern eher erstaunlich vor - dafür aber wurden Verkaufsstände mit deutschem Glühwein gefunden, und die Dominanz englischer Weihnachtsmusik im litauischen Radio bemerkt.

"Weihnachten ist in Litauen ein wenig wie Karneval", erzählt Karen Schewina. Die 19-jährige Deutsche absolviert ein
Praktikum im Rahmen
des Europäischen Freiwilligendienst, kurz EFD. Ihre litauischen Arbeitskollegen haben sie offensichtlich mit dieser Verkleidung, als gemeinsamer Auftritt mit dem Weihnachtsmann, überrascht. Aber auch die Anmerkungen zu Essen und Trinken in Litauen geben vielleicht den einen oder anderen Hinweis an interessierte Deutsche, was sie in Litauen erwarten könnte. Kümmel im Brot, einheimische Milchprodukte, viel Rote Beete und "alles, was sich anbauen läßt" (Kartoffeln, Kohl, Karotten). Natürlich Cepeliniai ("Zeppelini"), die manchmal "wie ein Stein im Magen liegen" - aber Kartoffelklößchen mit Quarkfüllung oder Mayonaise zur Pizza, das waren offensichtlich eher die außergewöhnlichen kulinarischen Besonderheiten. Egal. ob abschreckend oder zum Nachmachen motivierend - es wird noch eine ganze Reihe solcher Berichte brauchen, um das gemeinsame Verständnis zwischen Litauern und Deutschen zu fördern.

08 Januar 2007

Europäische Kulturerziehung - auf Litauisch

Vilnius unternimmt derzeit vieles, um die eigenen Einwohner an den Status einer europäischen Kulturhauptstadt zu erinnern. Schließlich möchten sich die Litauer weltoffen und kulturfreundlich geben, und dazu wird wohl auch Akzeptanz für die sehr verschiedenen Arten kultureller Tätigkeiten benötigt. Kultur war und ist längst Alltag im Leben von Litauern - aber nun wird sie auch Teil von Werbekampagnen, Plakatserien, und bald wohl auch Konsumoffensiven.

Vorerst stellt sich Vilnius den Besuchern noch als Stadt mit vielen Brüchen und Verwerfungen dar. Das wird besonders deutlich in Šnipiškės, dem Stadtteil der alten privaten Holzwohnhäuser, und dem Baugrund für hochfliegende Geschäftsideen. Hier trifft noch mancher Lebensentwurf direkt aufeinander.

Nur wenige Schritte von den Hauseingängen der Menschen entfernt, die hier noch wohnen (und wohnen bleiben wollen?), hat im neuen Gebäude der Stadtverwaltung Vilnius die Stadtplanungsbehörde einer Kindergruppe Platz gelassen für eine Zukunftsvision. Allerdings: Das hier aufgestellte Modell wirkt eher so, als ob die zuständigen Betreuer die Gebäude vorgegeben haben, und ein paar ausgesuchte Kinder durften dann das Ganze ein wenig bunt anmalen. Gewagte Fantasien sind hier nicht zu finden - weder ein McDonalds, der die Stadt beherrscht (manche Kulturkritiker mögen diese Vision ja haben), noch Stadtviertel in traditioneller litauischer Volkssymbolik (eine nationalistische Vision?).

Vielleicht waren die Städtväter (oder -mütter) ja auch nicht wirklich davon überzeugt, dass Vilnius einfach so ins gesamteuropäische Bildungsideal passt. Wer ein Stück Klaviermusik hört, und anschließend entscheidet: "das kann nur Čiurlionis sein," oder wer einen Vytis aus dem Gedächtnis malen kann (na, liebe Europäer, was ist das?) - der muss sich noch nicht automatisch als Kultur- hochburg-geeignet qualifiziert haben.
Also, was tun?

Eine Aufklärungs- Kampagne muss her!
So wird also langsam aber sicher zunächst einmal das Stichwort "Kulturhauptstadt 2009" ins Stadtbild eingebracht. Zunächst einmal da, wo die staatlichen Institutionen uneingeschränkten Zugriff haben: bei den öffentlichen Einrichtungen. Nun fahren also alle neueren Busse mit einem entsprechenden Logo durch die Stadt, und am Straßenrand machen Plakatserien auf sich aufmerksam, die durchaus dopptelten Lerncharakter haben. Weltweit bekannte Kulturgrößen in litauischer Schreibweise: Bitte hängen lassen bis 2009, liebes Organisationskommittee!