Die ersten Ergebnisse des 1.Wahlgangs der Parlamentswahlen in Litauen trudeln ein - daraus ist zunächst nur erkennbar, dass eine Regierungsbildung nicht einfach werden wird. Aber auch ein anderes Ergebnis ist schon jetzt klar: an der "Volksabstimmung" über die Zukunft des maroden Atommeilers Ignalina nahmen nur 47,9% der Wahlberechtigten teil (mindestens 51% hätten es sein müssen, um eine gesetzliche Verbindlichkeit zu ereichen). Damit nahm die ganze aufwendig inszenierte Aktion nicht den von den Atombefürwortern erhofften Ausgang.
Wie auf der Webseite der staatlichen Wahlkommission nachzulesen ist, stimmten sogar 8,27% gegen die Laufzeitverlängerung, obwohl sie damit das Risiko eingingen, die Wahlbeteiligung soweit zu erhöhen, dass mit der Erhöhung der Beteiligung das Ergebnis als Pro-Atomkraft hätte ausgelegt werden können. Nur rund ums AKW selbst sank die Zahl der mit-abstimmenden Atomgegner auf 4,4%, überall sonst schwankt sie zwischen 7,5 und 9%, in einigen Stadtteilen von Vilnius sogar über 11%. Auch die Zahl derjenigen, die wissentlich oder unwissentlich ungültig abstimmten, ist mit 3,31% relativ hoch.
Damit haben die wahltaktischen Versuche, mit dem EU-vertragswidrigen Versprechen die angeblich technisch einwandfrei laufende Atomanlage einfach weiterlaufen lassen zu können, wohl auch politisch eine Niederlage erlitten. Welche Interpretationskünste die Atombefürworter nun finden werden, um eine relative Mehrheit der Abstimmungsteilnehmer nun doch noch zum "heimlichen Volkswillen" zu erklären, muss allerdings wohl offen bleiben.
Nicht nur litauische Umweltschützer hatten kritisiert, dass die parallel zur Parlamentswahl zur Abstimmung vorgelegte Frage wenig Auswahl übrig ließ. Keine der größeren Parteien in Litauen hatten den umstrittenen "Deal" zum Bau eines neuen Atomkraftwerks vor der Wahl in Frage gestellt, der mit den Eigentümern der Supermarktkette "Maxima" und anderen Gesellschaftern des zukünftigen Atombetreibers "LEO LT"verabredet worden war. Parteiunabhängige Kritiker dagegen vermuten schon aufgrund des wenig transparenten Absprachen rund um "Leo LT" schlicht ein Profitstreben privater Investoren.
Bei "Maxima" übrigens waren schon beim Referendum um den EU-Beitritt für diejenigen, die ihre Beteiligung am Referendum per Stempel nachweisen konnten, kostenlos Waschpulver oder je eine Flasche Bier verteilt worden. Damals - die Litauer stimmten mit großer Mehrheit für den Beitritt - hatte die gesamte politische Elite Litauens auch einmütig die Schließung des Atomkraftwerks Ignalina befürwortet (eine Vorbedingung für Litauens Beitritt).
Es ist aber nicht die litauische Bevölkerung, die nun ihre Meinung geändert hätte, meinen nun litauische Umweltschützer. Die Funktionäre aller Parteien hätten vielmehr seitdem auf der faulen Haut gelegen und einfach keine alternativen Energiekonzepte entwickelt - denn sonst hätte ja jetzt über verschiedene Wege abgestimmt werden können. Die totale Abhängigkeit der litauischen Energieversorgung sei auch ein Teil des noch aus der Sowjetzeit verbliebenen Zentralismus und Größenwahns. Zunächst sei die Schließung des AKW Ignalina ja schon für 1994 vorgesehen gewesen - weitere lange Jahre seien nun vertan, ohne das die Verantwortlichen die wirklichen Probleme auch angepackt hätten.
Mehr Infos zur Sache:
Infos des österreichischen Umweltbundesamts zum KKW Ignalina
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