14 Oktober 2008

Nach der Wahl ist vor der Wahl ....


Auch einen Tag nach der Parlaments-Wahl ist in Litauen eigentlich nichts klar. Neben zahlreichen Zahlenspielen gilt es jetzt den zweiten Wahlgang am 26.10. abzuwarten.

Hier ersteinmal für die ganz ungeduldigen die Ergebnisse: "Gewinner" mit 19,5 % sind die Konservativen, gefolgt von der "Volkswiederauferstehungspartei" (15%), "Ordnung und Gerechtigkeit" (12,7%), den Sozialdemokraten (11,7%), und der "Arbeitspartei" (9%). Darüber hinaus haben es dann noch zwei liberale Parteien über die 5-Prozent-Hürde und in den Seimas geschafft.

Und jetzt sagt ich Euch, warum diese Ergebnisse erst einmal nicht weiterhelfen:
Zuallererst ist da das litauische Wahlsystem. Von den 141 Sitzen im Parlament werden 70 nach Listen (also den oben genannten Prozentzahlen bezetzt). 71 Sitze werden davon völlig getrennt in Direktmandaten bestimmt (also nicht irgendwie angerechnet). Und da werden in Litauen vor allem die vor Ort beliebten und bekannten Gesichter gewählt, die Parteizugehörigkeit spielt keine große Rolle. Von diesen 71 Sitzen wurden im ersten Wahlgang nur 4 Sitze besetzt.

Zweitens sind von den 7 Parteien im Parlament, 3 "Populisten", also Parteien ohne wesentliches Programm, die von ihrer Führungsperson abhängen: Die "Volksauferstehung" unter dem Fernsehmoderator Arūnas Valinskas (der unter anderem die litauische Variante von "Deal oder No Deal" moderiert), "Ordnung und Gerechtigkeit" unter dem abgestetzten Präsidenten Rolandas Paksas und die Arbeitspartei des russischen "Konserven-Millionärs" Viktoras Uspaskich.
Alle drei haben dann bereits in der Wahlnach mitgeteilt mit wem sie ausdrücklich nicht könnten (aus persönlichen Abneigungsgründen).

Zwar stehen die Zeichen darauf, dass der zukünftige Premier Andrius Kubilius heißen wird, also dass unter Führung der Konservativen eine Regierung gebildet wird. Es bleiben zwei Varianten: Mitte-Rechts - mit den Liberalen oder Links - mit den ehemaligen "Erzfeinden", den Kadern der Sozialdemokraten . Und welche der Populisten-Partein wird mitmachen?

Zwar ist Raum genug für Spekulationen - und was alle Berichte genug haben, sind Fragezeichen. Wie politikmüde die Litauer sind, zeigt sich nicht nur in der Wahlbeteiligung von gerade einmal 48,5%, die zudem durch das gleichzeitige Referendum über die Laufzeitverlängerung des billigen Stromlieferanten und Bruder von Tschernobyl, dem Atomkraftwerk Ignalina, hochgetrieben wurde, sondern auch darin, dass schon einem Tag nach der Wahl die Spekulationen um eine neue Regierung in den Medien nicht mehr an wichtigster Stelle sind.

Genaues weiß man eben noch erst nach dem 26., wenn auch die restlichen 67 Sitze im Parlament besetzt sind. Aber wenn den Litauern etwas überhaupt nicht liegt, dann eine pragmatische Sichtweise.

kleiner Nachtrag: Liste der zukünftigen Parlamentsmitglieder, soweit bekannt.
Eine andere Nuance des litauischen Wahlsystems ist, dass man nicht nur die Liste, sondern auch einen Listenkandidaten auswählen und somit die Reihenfolge ändern kann.
Wahlergebnisse (Staatliche Wahlkommission)


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