13 Dezember 2008

Kultur- und Mentalitätsforscher unterwegs

Was bedeutet es, eine Fremde oder ein Fremder zu sein? Diese Perspektive auf künstlerische Weise zu erforschen, haben sich Tomas Čiučelis und Jovita Ambrazaitytė (Foto rechts) vorgenommen. Dafür gehen sie zunächst auf Reisen: unterschiedliche Perspektiven müssen "erarbeitet" werden. Das Projekt erreichte am Freitag, den 12.Dezember 2008 - nach vorangegangenen Stationen in verschiedenen Orten Litauens und dem polnischen Krakau die Hansestadt Bremen. "MES VISI SKRITINGI, VISI VIENODI" (Wir sind alle verschieden, alle gleich), so lautete ihr Arbeitsmotto.

Was die beiden Künstler dann als Projektion auf Großleinwände zaubern, ist eine Kombination aus Fotos von möglichst verschieden aussehender Menschen und von Wörtern, in zufällig wechsender Kombination einfache Sätze bilden. So entstehen in zufälliger Reihenfolge entweder plötzlich logische Aussagen, wie auch fantasievolle zum Nachdenken anregende Behauptungen.

Das ganze Projekt erforderte eine Menge Vorarbeit. Angefangen damit, so erzählt die Kuratorin Rimantė Černiauskaitė, dass in Litauen gegenwärtig aufgrund der internationalen Banken- und Finanzkrise vor allem Kulturetats zusammengestrichen werden. Gerade die kleineren Projekte hätten darunter zu leiden, so die Projektinitiatorin, die für das Litauisch-Deutschen Forum aktiv ist. Aber sogar die Mittel für das Programm der Europäischen Kulturhauptstadt Vilnius sollen nun um 8 Mill. Litas gekürzt werden (Bericht dazu)

Die Künstler möchten mit ihrem Projekt ihre Mitmenschen provozieren, sich Gedanken zu machen über tiefverwurzelte Stereotypen, eigene und fremde Sichtweisen, oder möglichen Veränderungen und Gemeinsamkeiten zwischen Menschen. Grundlage der Projektionen sind Fotowerkstätten, in deren Rahmen als Ergebnis die Fotos von Menschen entstehen, die sich bereit erklärt haben mitzumachen - und so Teil des Projektes zu werden. Jede und jeder tritt so auf, wie sie oder er sich selbst wohlfühlt: allein oder zu zweit, in Volkstracht oder in Arbeitskleidung, mit Kind oder in Porträtform. "Fremdartig" oder auch vertraut wirken die Fotos als Bestandteil der Projektionen unter freiem Himmel erst durch die unterschiedlichen Aufführungsorte: in Bremen durfte also geraten werden, welche Fotos wohl in Litauen und welche in Polen entstanden waren. Als Projektpartner hatte sich die Medienwerkstatt im Bremer Kulturzentrum Schlachthof bereit gefunden.

"Und was passiert jetzt weiter?" Das wurden die drei "Kulturreisenden" am Ende der Vorführung gefragt. Das Publikum war auf den Geschmack gekommen: wie spannend doch Fotos und einfache Sätze sein können!
"Jetzt fahren wir erstmal nach Hause!" In dieser Antwort klang auch ein wenig Stolz mit, dass dieses Projekt trotz kleinen Budgets am Ende doch in drei Ländern durchgeführt werden konnte. Aber schon in wenigen Wochen beginnt das Jahr 2009 - und Europäische Kulturhauptstadt wird Vilnius sein. Da werden wir gespannt sein, was wir von diesen drei kreativen Menschen noch erwarten können und erleben dürfen!

mehr:
Projektselbstdarstellung bei "Tom Chatter" (litauisch)


Bericht bei Vtv.lt (Litauisch)

Bericht bei Alfa.lt (Litauisch)

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