OFFENBAR "IN": Das Baugewerbe zählt sicherlich gerade unter Vorzeichen der Wirtschaftskrise zu den sensibelsten Bereichen, auch für Litauen. Überraschend viel Werbung für litauische Baukunstwerke ist zur Zeit in einigen Architekturforen zu lesen: "Total abgehoben wohnen" schreibt Marianne Kohler im Züricher "Tagesanzeiger" am 19.November, und meint damit Häuser des litauischen Architekturbüros Natkevičius. Oder ist es nur ein Beispiel geschickter Architekturfotografie? Weitwinkel einerseits, und die Illusion der Abwesenheit jeglicher Nachbarn scheinen hier maßgebliche Leitlinien zu sein.
Dennoch: der Bau regt offenbar zur Diskussion an. "Ob man für so etwas in der Schweiz eine Baugenehmigung erhält?" fragen sich Leser/innen des "Tagesanzeigers". Andere schätzen die Bauidee auch als "ökonomischen und ökologischen Schwachsinn" mit fehlender Gemütlichkeit ein ("Zivilschutzbunker"), und - bezogen auf den Energiehaushalt des Hauses: "das Gebäude wird doch auch von unten gekühlt, wobei gleichzeitig die erdwärme sinnlos verpufft." Ein weiterer Leser, offenbar interessiert an weltweitem Architekturvergleich, sieht Parallelen zu einem bereits existierenden Bau in Brasilien.
Ganz ähnlichen Widerhall findet der Bauentwurf auf der Designseite "Studio 5555". Das Urteil hier: "Nachempfunden ist es der Arche Noah, wobei die ganze Familie mit ihren Habseligkeit auf sicheren Boden haust." Und bei "Archdaily" gibt es Infos zum Auftraggeber des Gebäudes: "Der Kunde ist ein Unternehmer im Agrobusiness (Hühnereier / Schweine). Seine Frau ist Designstudentin an der Kunstakademie und sehr interessiert in Möbeldesign." Außerdem hat hier der Autor etwas zur Ursprungsidee des Architekturentwurfs zu sagen: es soll angeblich an zu einem Lagerfeuer aufgeschichtete Holzstücke erinnern. Bei "ArchZine" wiederum sind viele Innenraumfotos zu sehen, versehen mit der schlichten Bemerkung: "ein großartiges Beispiel für eine offene Garage, bei der das Haus als Dach die Autos vor Regen und Schnee schützt."
OFFENBAR OUT: Wenig ernsthaftes Interesse internationaler Investoren gibt es offenbar an dem Bau eines neuen Atomkraftwerks in Litauen. Wie jetzt verschiedenen Quellen in der Presse zu entnehmen ist, fand sich nach Ablauf der von der litauischen Regierung gesetzten Frist keine Firma zur Abgabe eines umfassenden Angebots bereit (Frankfurter Rundschau, Financial Times). Auch der südkoreanische Konzern Kepco (Korea Electric Power Corporation) hielt sich entgegen erster Ankündigungen zurück - angeblich auf Druck Russlands.
Doch auch mit dem Rückbau des inzwischen geschlossenen "Tschernobyl-Modells" Ignalina gibt es offenbar bereits genug Probleme - ganz entgegen den manchmal anscheinend so "populären" Argumenten von der "sauberen" Atomenergie. So forderten Umweltschützer in Belorussland bereits den Rücktritt von Litauens Präsidentin Grybauskaite, da dem belorussischen Nachbarn nur sehr verzögert Informationen zu Problemen bei den Rückbaumaßnahmen zugänglich gemacht worden seien (siehe TELEGRAF). Am 20.Oktober, zwei Wochen nach einem Unfall im AKW Ingalina, habe Grybauskaite während eines Staatsbesuchs in Belorussland kein Wort zu den Problemen verlauten lassen. Gemäß der belorussischen Aktivisten soll es am 5.Oktober zu einem Unfall mit 300 Tonnen hochradioaktiven Flüssigkeiten bei Arbeiten am 2005 geschlossenen ersten Reaktor gekommen sein - einen Kommentar dazu veröffentlichte auch die russisch-norwegische Umweltorganisation "Bellona". Ein Beitrag in "Die Presse" macht den notwendigen Umfang der Arbeiten deutlich: 1000 Tonnen verstrahlten Materials müssen entfernt werden, was bis zu 35 Jahre dauern kann. Auch in weiteren Ländern rund um die Ostsee wachsen die Sorgen um die sichere Lagerung des Atommülls - trotz offiziell verkündeter Atombegeisterung ("Die Presse", Frankfurter Rundschau"). Wenig wahrscheinlich ist es da wohl, dass die durch die Wirtschaftskrise sowieso vorhandenen Probleme Litauens ausgerechnet durch eine weitere Fixierung auf Atomkraft gelöst werden könnten.
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