20 Juli 2021

General Grybauskaite?

Jens Stoltenberg war Ministerpräsident Norwegens und wurde 2014 Generalsektretär des Militärbündnisses der NATO. Seine Amtzeit endet zwar erst im September 2022, aber das Magazin "Politico" hat schon jetzt die Diskussion um seinen Nachfolger eröffnet. Nachfolger? Warum sollte es denn nicht mal eine Frau sein? So fragt Autor David M. Herszenhorn. Seinen Angaben zufolge wünschen sich einige nach 72 Jahren NATO einfach mal eine Frau an der Spitze, andere setzen die Priorität eher in "einem starken Signal in Richtung Moskau" - also eine Person aus Osteuropa. 

Andererseits heißt ja eine alte Regel: wer seinen Hut zuerst in den Ring wirft, hat meistens schon verloren. Oft werden die mehrheitsfähigen Kandidat/innen erst ganz zuletzt "aus dem Hut gezaubert" (um mal beim Hut zu bleiben), so ging es ja auch Ex-Ministerin von der Leyen. Ob also die beiden Expräsidentinnen Grabar-Kitarović (Kroatien) oder Kaljulaid (Estland) realistische Chancen hätten? Oder gar die Litauerin Dalia Grybauskaite als "General"-sekretärin des NATO-Militärbündnisses? (LRT / LRytas) Würde sie 2022 ernannt, könnte sie beim NATO-Summit 2023 in Litauen "Gastgeberin" sein (Baltic Times). Aber könnte sich Deutschland damit anfreunden, dass Grybauskaite eine "militärische Führungsrolle" der Deutschen fordert? (FAZ / Süddeutsche / Augsburger Allgemeine / Volksstimme)

Nun ja, in Deutschland hätten wir da noch eine Annegret Kramp-Karrenbauer: ihre Vorgängerin hat ja vorgemacht, dass frau aus diesem Ministeramt heraus gut Karriere machen kann. Angeblich soll auch noch die britische Ex-Premierministerin Theresa May bei einigen auf der Vorschlagsliste stehen. Und in Italien gibt es ja noch Federica Mogherini, Ex-Außenministerin und von 2014 bis 2019 zuständig für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik.

Abb.: NATO
Braucht die NATO weibliche Führung? Brauchen wir die NATO? 

Arvydas Anušauskas, gegenwärtig Verteidigungsminister der Republik Litauens, setzte in einem Interview kürzlich die Prioritäten der NATO so: Stärkung des Artikels 5 des NATO-Vertrags (Angriff gegen einen ist Angriff gegen alle), eine realistische Bewertung der Bedrohungen aus Russland, und eine gleiche Verteilung der finanziellen Lasten (= Zusage Litauens, 2% des BSP für Militärausgaben zu reservieren). Zu einer Notwendigkeit für Frauen in Führungspositionen sagte er nichts. 

"Es wäre eine große Errungenschaft für Litauen, wenn Dalia Grybauskaite eine solche Position ausfüllen könnte," so lässt sich Povilas Mačiulis, Chef-Berater des amtierenden Präsidenten Nauseda, zitieren (Baltic Times). Allerdings, so Mačiulis, müssten dann alle litauischen Institutionen sich auch dafür einsetzen, dass es auch realisiert werde.

41% der von der NATO Beschäftigten seien Frauen, so steht es auf einem NATO-Factsheet "Women, peace and security" (Stand Oktober 2020), zusammen mit einem Bekenntnis zu genderneutraler Sprache. Ob sich eine Frau also mit der weiblichen Form des Titels "Sekretär" überhaupt anfreunden könnte?

Keine Kommentare: