Kaum ein Litauer sieht noch einen Film im Kino - das weisen die Ergebnisse europaweiter Befragungen aus, die jetzt als "Kulturstatistik-Handbuch" des Jahres 2011 veröffentlicht wurden (EUROSTAT).
Litauische Kinos als Investitionsruinen - wie hier in Vilnius - plus fehlende einheimische Produktionen? Litauer interessieren sich nur wenig für die Vorstellungen auf der großen Leinwand. |
Dem zufolge gaben fast 80% der befragten Litauerinnen und Litauer an, innerhalb von 24 Monaten überhaupt nicht im Kino gewesen zu sein. Der Rest der Befragten geht einmal bis sechsmal im Jahr ins Kino, keinesfalls mehr. Damit unterscheidet sich Litauen auch kaum von den beiden baltischen Nachbarn, die ebenfalls ganz unten in der "Kinogängerrangliste" der Eurostat-Erhebungen zu finden sind. In Deutschland sind es 54%, die ein- bis sechsmal pro Jahr ins Kino gehen (ca 45% gehen aber auch gar nicht). Bei den 25 bis 34-Jährigen liegt die Zahl der Kinogänger in Litauen bei 38% (Deutschland = 78%), bei den über 55-jährigen nur noch bei 9% (Deutschland = 34%).
Unter 10% der Menschen mit geringem Einkommen gehen in Litauen ins Kino, in Deutschland liegt diese Zahl (wobei der Vergleich der Einkommen relativ ist) noch bei über 30%.
Die kürzlich veröffentlichte Untersuchung greift allerdings auf die Zahlen des Jahres 2006 zurück - also noch vor der Wirtschaftskrise. Anzunehmen ist daher, dass die Zahl der litauischen Kinogänger eher noch gesunken sein könnte.
Etwas anders sehen die Vergleichszahlen aus, wenn nach Büchern gefragt wird. Über 50% aller litauischen Männer haben in 24 Monaten dieser Statistik nach mindestens ein Buch gelesen (Deutschland: ca 67%), bei den Litauerinnen liegt diese Zahl sogar bei über 75% und erreicht damit fast die der Buchleserinnen in Deutschland.
Singende und tanzende Litauer - nur eine Legende?
Vielleicht würden einige angesichts entsprechender Erfahrungen in Litauen annehmen, dass wenigstens bei der Frage nach der Teilnahme an öffentlichen Aufführungen die Ergebnisse anders aussehen (Tanzen, Singen, Schauspielern oder Musik machen). Doch nur die Estinnen und Esten glänzen hier mit Aktivität: ganze 40% können eigene Aktivitäten in diesen Bereichen vorweisen, wogegen die Litauer/innen mit 8% sogar hinter den (Durchschnitts-)Deutschen mit 11% zurückfallen (Lett/innen durchschnittlich 9%).
Bei den jüngeren Litauer/innen ist die kulturelle Aktivitätsrate mit 10% (25-34jährige) sogar noch höher als bei den über 55-Jährigen (nur 7% nahmen mindestens einmal pro Jahr an einer solchen Aktivität teil). Eine starke Abhängigkeit scheint hier bei der Schulbildung zu bestehen: nur 2% mit geringer Schulbildung, aber 16% aller Litauer/innen mit höherer Schulbildung singen, tanzen, spielen Theater oder machen Musik (ähnliche Zahlen in Lettland, aber in Estland besteht keine so große Abhängigkeit von kulturellen Aktivitäten und Bildung). Sollte daraus geschlossen werden können, dass in Litauen (wie in Lettland) auch Singen und Tanzen inzwischen Kursgebühren kosten, in Estland aber nicht? Die vorliegenden Untersuchungsergebnissen geben dazu leider keine Auskunft.
Nur wenig anders sehen die Antworten aus, wenn nach Malen, Zeichnen oder Computergrafik gefragt wird. Mit durchschnittlich 14% nehmen aber auf diesem Gebiet proportional genauso viele Litauer/innen an derartigen öffentlichen Aktivitäten teil wie in Deutschland (nur 11% in Estand).
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