Der Legende nach ist die litauische Hauptstadt Vilnius dort erbaut worden, wo Gediminas den Wolf heulen hörte. Allerdings geschah das im Traum - und am Morgen musste ein Traumdeuter dem Großfürst erst erklären, dass dort wo der Wolf heulte die zukünftige Hauptstadt Vilnius erbaut werden sollte.
Daraus kann vielleicht nicht geschlossen werden, dass Stadtgründungen von Wolfsvorkommen abhängen würde (es bräuchte ja immer noch einen Großfürst, um davon zu träumen!), Vilnius soll 1323 dadurch gegründet worden sein, dass Gediminas den Sitz der Hauptstadt seines Reiches dorthin verlegte, wo er den Wolf heulen träumte.
Dass es auch heute noch Wölfe gibt, die Schlagzeilen machen, ließ zuletzt sogar deutsche Medien von Litauen schreiben. Im Blickpunkt stehen hier vor allem "Allan" und "Karl", zwei in der Lausitz ausgesetzte(ausgewilderte) Tiere, die durch dieses Projekt offenbar interessanter werden als ihre übrigen, oft mit schrecklichen Geschichten menschlicher Angst vor der "wilden" Natur belegten Artgenossen.
Aber ein seltsames Schicksal erleiden diese Tiere dennoch. In Ruhe ihr Leben genießen können sie wohl nicht - denn heutzutage reicht es wohl nicht, wenn ihre Bewegungen und Aktionen von der Wissenschaft verfolgt werden mit dem Ziel, ihren ökologisch notwendigen Lebensraum zu sichern.
Nein, weit gefehlt. Wo Wölfe herumlaufen, und wie das was sie machen, einzuordnen ist, entscheidet heute die Klatschpresse, und aktuelle Fotos vertreibt die Deutschen Presseagentur (DPA). "Forscher vermissen das mit Sendern ausgestattete Raubtier" - so wusste schon im März diesen Jahres die BILD (den Zusatz "Zeitung" spare ich mir hier).
Es klingt wie eine Mischung aus technologischer Spielerei und Zootier-TV, was hier in regelmäßigen Abständen der Presse "zum Frass" angeboten wird. "Eigentlich sollte der Wolf seine Position per SMS durchgeben", schreibt doch tatsächlich am 23.März die BILD. Offenbar ein besonders kluger Wolf, und ebenso offenbar eine Gradwanderung für Naturschützer und Biologen, die das Auswilderungsprojekt betreuen. In einem Land, in dem an jedem Tag auf mehreren Sendern das (angebliche) Leben eingezäunter Zootiere haarklein geschildert und mit meloharmonischer Musik untermalt gezeigt wird, ist ein Wolf, der einfach "irgendwo" herumläuft, offenbar den Projektzielen wenig dienlich.
Nun ist "Alan" nach Litauen ausgewandert. Dort wurde er Teil des "Sommerlochs" in der deutschen Presse, könnte man meinen (Bericht BILD am 1.9., Frankfurter Rundschau am 5.9.). Vielleicht auf der Suche nach dem "barocken Labyrinth" - so wie Cornelius Hell das Vilnius von heute und den Zusammenhang mit dem "eisernen Wolf" aus der Legende beschreibt? Oder wollte er Werbung für Litauen als Naturlandschaft machen? Denn nun berichten auch Greenpeace, der NABU, die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe (GzdW), und das Bundesamt für Naturschutz (BfN) über diese "Auswanderung nach Litauen".Da mag auch "Polen today" nicht abseits stehen und berichtet mit der Schlagzeile "Wolf hat Schengen-Raum verlassen".
Aber genauso interessant erscheint das Thema offenbar den "4x4-Offroad-Touren", dem "etwas anderen Jagdtagebuch" des Jagdvereins Lehrprinz e.V., der Zeitschrift "Wild und Hund" - und letztere werden vermutlich genauso vergnüglich berichten, wenn die GPS-Wölfe mal wieder alle ihre Vorurteile bestätigen.
Also, liebe Litauerinnen und Litauer, liebe Urlauber: falls Sie beim wohlverdienten Schlaf auf Litauens Wiesen oder Hügeln von einem Wolf träumen, lassen Sie sich bitte nicht hindern, wenigstens eine Stadt zu gründen!
Link zum Projekt: Wolfsregion Lausitz
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