12 Januar 2016

Sackgasse in Grellgelb

Es klingt tatsächlich noch wie ein günstiges Angebot: wer die Infoseiten des EXPOSEEUMS liest, wo einige restliche Fakten zu den Überbleibseln der Weltausstellung EXPO 2000 in Hannover zusammengesucht stehen, könnte in Versuchung geraten. "Litauische Firma will verkaufen!" steht da, als sie es eine kürzlich geschaltete Kleinanzeige, die nur auf mutige Start-Up-Unternehmer wartet. Die Wirklichkeit sieht wohl anders aus. Zudem ist auch die angegebene Webseiten-Verlinkung falsch (nicht amber-way.com, sondern amberway.lt). In Wahrheit rosten die Reste der litauischen EXPO-Vergangenheit weiter einfach still vor sich hin.

www.expo2000.de
Auch das, was eine Firma namens "Gintaro kelias / Amber way Ltd" da beschreibt, scheinen Relitäten von vorgestern zu sein: 1500 m² Fläche werden da zum Verkauf beworben, auf 2 Etagen und
eine Gebäudehöhe von 11,5 Metern. Aber als neueste Neuigkeit wird verkündet, man sei Eigentümer des Pavillions geworden, Datum: Oktober 2001. Angeblich habe die Firma das Gebäude für 40.000 Litas (ca. 11.500 Euro) bei einer Auktion ersteigert (15min.lt) - später geriet diese Versteigerung noch einmal kurz ins Fadenkreuz einer Diskussion, ob bei dieser Versteigerung alles mit rechten Dingen zugegangen sei (delfi). "Gintaro kelias" fabulierte von einem fiktivem litauischen Geschäftszentrum, das an diesem Ort entstehen und sowohl Messen wie auch Kulturveranstaltungen organisieren solle. An dieser Stelle gilt wohl noch die Devise: Das Internet vergißt nie. Da nutzt es auch nichts, wenn die ehemalige Kurzzeitnutzung hier immer noch wie ein langfristiges Konzept angeboten wird: ein "Bierpub" von 250 m² Größe und "charakteristischen Einrichtungselementen", 20 m² für den Verkauf von Souvenirs und 30 m² für ein Reisebüro.Und auch die Kritiker dieser Vorgänge glauben offenbar noch an den angeblichen Wert des  ehemals von AB "Panevėžio statybos trestas" (PST) erstellten Pavillons: 1 Million Litas (delfi).

inzwischen nur noch Motiv für Fotografen auf
der Suche nach skurrilen Objekten: der verrammelte
Eingang des ehemaligen Litauen-Pavillons
In Wirklichkeit ist das ehemalige EXPO-Gelände inzwischen eher Tummelplatz für Nachwuchsfotografen, auf der Suche nach skurrilen Objekten. Auch einige Medien haben es sich zur Aufgabe gemacht, gewissermaßen "runde Gedenktage" zu feiern. "Holland rottet vor sich hin", titelte NTV 2010, und bemerkt auch "Litauens gelben Guckkasten", inzwischen zugenagelt. Bei "Antenne Niedersachsen" ist es der litauische "Staubsauger", für den es angeblich Interessenten geben soll. Auch die WAZ hat offenbar Spaß an Schlagzeilen mit Ländernamen: "China und Litauen sind vernagelt, Spanien und Holland vergammelt, Polen hat gebrannt."

Fünf Jahre später ist es nicht besser geworden: ein "Paradies für Abenteurer" registriert der "SPIEGEL", der NDR sucht "was von den Träumen übrig blieb", die "Sächsische Zeitung" sieht ein "düsteres Erbe", das "Mindener Tageblatt" läutet die "Stunde der Abrissbirne" ein.  Das "Exposeum" hat nur noch etwa 1000 Besucher pro Jahr, das "Hamburger Abendblatt" zitiert die ehemaligen Träume der Stadt Hannover, hier vor allem Internet- und Hightech-Firmen anzusiedeln: "Doch dann platzte die Dotcom-Blase". Der "Hessisch-Niedersächsischen Allgemeinen" fällt auf, dass mitten im Verfall auch noch teure Ferraris verkauft werden, und im SPIEGEL wird süffisant daran erinnert, dass der türkische Pavillon, an den damals Prinz Ernst August von Hannover skandalträchtig pinkelte, heute immer noch steht.
Auch das "ART-Magazin" hat das Thema entdeckt. Die Einordnung auch hier: "das triste Erbe". Allerdings gilt diese Melancholie wohl eher für das angestrebte Konzept einer "nachhaltigen Nutzung", über die sechs Monate kurze EXPO-Zeit hinaus. Nun, ein litauisches Geschäftszentrum wäre schön gewesen - es war ja damals so ungefähr die erste große Gelegenheit für Litauen, sich in Deutschland Hunderttausenden von Besuchern so mit seinen Stärken und Vorzügen zu präsentieren, wie es Litauen gebührt. Heute, wo Europas Probleme vermeintlich woanders liegen und Litauen nicht nur als EU-Mitglied im Bewußtsein der deutschen Öffentlichkeit eine feste Größe geworden ist, wirkt dieses grellgelbe Objekt zwischen Brachflächen inzwischen nur noch wie ein seit langem gelandetes Raumschiff aus einer anderen Zeit.

Fotografen mit Thema "ehemaliges EXPO-Gelände":

Sven Otte / Niklas Liebig / Tinka und Frank Dietz / Martin Reißmann / HDR Experience

08 Januar 2016

Basteln am Wohlfühlfaktor

Zum Neuen Jahr 2016 gibt es in Litauen einige Änderungen und Neuerungen. Manches dabei wirkt wenig sensationell -so etwa die Erhöhung des Mindestlohns von monatlich 325 € auf 350 € und des Mindest-Stundenlohnes auf 2,13 €. Man wird sich weiter fragen müssen, wie man davon überhaupt überleben kann. Gegeben und genommen: dabei ist dann noch der Rentenbeitrag von 1% auf 2% des Monatslohns erhöht worden - der staatliche Rentenfond gibt weitere 2% dazu und der Staat noch einmal 2% des Durchschnittslohns. So hofft man, in Zukunft eine stabilere Alterssicherung aufbauen zu können. Die Durchschnittsrente liegt in Litauen derzeit bei 265 €, etwa 860.000 Litauerinnen und Litauer bekommen sie in dieser Höhe.
Zukünftig dürfen 200 € statt bisher 166 € dazu verdient werden, ohne das es versteuert werden muss.

Die staatliche Kommission zur Regulierung der Energiepreise (VKEKK) hat unveränderte Tarife zumindest für die erste Jahreshälfte 2016 zugesagt: 0,66 € per Kubikmeter Haushaltsgas, 0,42 € für Heizgas (3,99 €3.99.Weiterhin wird der bisherige Energieversorger "Lesto" sich mit "Lietuvos Dujos", dem litauischen Gasversorger, zusammentun - in Zukunft heißt dann das neue Unternehmen "Energijos Skirstymo Operatorius" (ESO).

Auch neu: an litauischen Tankstellen darf ab sofort kein Alkohol verkauft werden. (LRT) Eine von mehreren Maßnahmen des Gesundheitsministeriums beim Kampf gegen Alkoholismus; auch die Mehrwertsteuer auf Alkoholika soll demnächst erhöht werden. Einige Vorfälle auf der Grundlage exzessivem Alkoholgenuß machten im vergangenen Jahr Schlagzeilen: Gewalt, Selbstmorde, andere Verbrechen.

Auch das Flüchtlings-Thema bewegt Litauen, obwohl die Verantwortlichen sich bisher erfolgreich gegen eine europäisch geregelte verbindliche Flüchtlingsquote gewehrt hat. Das Parlament bastelt gegenwärtig an einer Gesetzesvorlage, die es den litauischen Behröden ermöglichen soll, Personendaten aller nach Litauen einreisenden Fluggäste von den Fluggesellschaften zu bekommen. Innenminister Saulius Skvernelis begründet das mit dem Kampf gegen Terrorismus.