10 Mai 2021

Fundsachen

Bewußt katholisch? Das
Logo der zukünftigen
Kulturhauptstadt Kaunas
erinnert viele sicher an den
Kolping-Verband

Wenn die litauische Stadt Kaunas im Jahr 2022 den Titel "Europäische Kulturhauptstadt" wird tragen dürfen, dann schaut die Welt wieder etwas genauer auf die Kulturwerte Litauens. Schon 2009 war dies so, als Vilnius nicht einfach mit den zahlreichen alten Kirchen werben konnte, und das Projekt des Wiederaufbau der "Unteren Burg" (Palast der Großfürsten Litauens) auch nicht alle Besucher/innen in ihren Bann zog. Ähnlich wie in Vilnius wohl vor allem nach dem jüdischem Erbe nach dem Holocaust gefragt werden müssen, denn dieses Thema wird nicht so selbstverständlich angesprochen wie alte angeblich heroische litauische Zeiten. Eine Präsentation der Pläne und Ideen hat Kaunas jedenfalls im Internet schon mal bereitgestellt (Kaunas2022.eu).

Die "pandemischen Monate" scheinen bei so manchem zunächst einmal zu einer gründlichen Inventur beigetragen zu haben. 70 wertvolle Bücher fand die Städtische Vincas-Kudirka-Bücherei Kaunas kürzlich in zwei alten Safes. "Seit der Eröffnung unseres Hauses im Jahr 1960 sind diese Safes nie geöffnet worden", wird Monika Straupytė, Geschäftsführerin der Bibliothek, in der Presse zitiert (LRT). Wie die den Berichten beigefügten Fotos ausweisen, war es eine Tresorfírma aus Berlin, die hier für die Bücherschätze genutzt wurde.

Ebenfalls einen Fund wertvoller Kultur machte Agnė Zuokienė, Ehefrau des Ex-Bürgermeisters Artūras Zuokas. Hier sei eine Scheidung in Vorbereitung gewesen, und Frau Zuokienė habe sich wohl an eine Bestandsaufnahme des Hausstands gemacht. Dabei seien dann 100 Kisten mit Kunstgegenständen u.a. von Fluxus-Künstler Jonas Mekas aufgetaucht. Zuokas war zwischen 2011 und 2015 Bürgermeister, und in dieser Zeit soll eine Sammlung von Fluxus-Kunst von Mekas, George Maciunas, Yoko Ono, Nam June Paik und anderen von der Stadt Vilnius für das "Jonas Mekas Visual Arts Centre" angekauft worden sein, das gerade in Gründung befindlich war. Nun sei die Stadt dabei, die damalige Ankaufliste mit den tatsächlich vorhandenen Objekten zu vergleichen, meinte Povilas Poderskis (LRT)

Zuokas seinerseits kartete nach: ja, da habe ja seine Frau genau an ihrem Geburtstag eine schöne "Fluxus-Performance" genießen können, meinte er, und sie müsse ja nicht einmal das Haus aufräumen, denn das erledige ja jetzt die Stadt Vilnius. Tatsächlich seien die Gegenstände aber im Besitz einer privaten "Jonas-Mekas-Stiftung", und er habe diese lediglich aufbewahrt. 

Wie auch immer: es gab im "Pandemie-Jahr" weitere Fundsachen. Auch Kazys Varnelis ist in Litauen kein Unbekannter - auch wenn er 50 Jahre lang in den USA lebte und erst 1998 nach Litauen zurückkehrte. Inzwischen zeigt das Varnelis-Haus seine Werke (Didžioji g. 26, Vilnius). In einer Garage in Chicago fanden Steve Gilberg und Robert Zizzo ein Werk von Kazys Varnelis im Müll. Glücklicherweise ließ sich aber noch eine Signatur finden, und so nahmen die beiden Kontakt mit den Hinterrbliebenen (Varnelis starb 2010) auf. Seit einer Ausstellung im "MilwaukeeArt Museum" 1974 sei dieses Werk nicht mehr aufgetaucht, so stellte Kunsthistorikerin Aistė Bimbirytė-Mackevičienė fest (LRT). 

Vielleicht gibt es ja noch weitere Neuentdeckungen, bevor das Kulturhauptstadtsjahr 2022 dann wieder ausprobieren muss, in wieweit und mit welchem Fokus sich die europäische Öffentlichkeit für die Kultur Litauens interessiert. Eine erste Schlagzeile formuliert es diesertage so: "Kaunas - die Kronjuwelen der europäischen modernen Kultur".

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