Bezüglich Litauen müssen wir uns wohl an neue Verhältnisse gewöhnen. Waren es bisher schöne Erlebnisse auf der Kurischen Nehrung, das Sommerhaus von Thomas Mann, die Geschichten der "Wolfskinder" oder vielleicht die polnisch-litauische Vergangenheit der Hauptstadt Vilnius, die uns bewegten, so sind nun neue Themen eingekehrt. Auch die Europäische Kulturhauptstadt Kaunas hätte sich natürlich in diesem Jahr einen großen Zuspruch und viele Besucherinnen und Besucher für ihr vielfältiges Kulturprogramm gewünscht.
Aber nein: da fällt es dem großen Nachbarn im Osten einfach mal ein, dass sie dringend gewaltsam Grenzen ändern wollen, damit das frühere Großmacht-Herrschergefühl sich wieder einstellen möge. Nun also ist zumeist von Militärischem die Rede, wenn in der deutschen Presse etwas von Litauen zu lesen ist. Und es gibt nicht einmal Grund zur Beschwerde (bei Putin ist die Beschwerdeannnahmestelle ja offenbar seit langem geschlossen). Litauen fühlt sich mit Recht erinnert an ähnliche Situationen in der Geschichte des eigenen Landes, als das Land zunächst militärisch besetzt wurde und dann diejenigen, die noch nicht tot oder geflohen sind, über die "Zukunft ihres Landes" abstimmen sollten.
Man mag darüber lächeln, wenn Länder wie Litauen, ähnlich wie die baltischen Nachbarn, nun sogar Denkmäler beseitigen - es wird aber nicht der entscheidende Punkt werden im Verhältnis zwischen den "Balten" und den Russen. Auch das gesellschaftliche Kräfteverhältnis ist dabei, sich neu zu sortieren - bei wem bisher moderate Russland-Freundlichkeit anzutreffen war, entwickelt sich heute Putin-Treue.
So wie mit Adolfas Kaminskas zum Beispiel. Der Name steht offenbar akuell für die vielfachen Verknüpf-ungen Litauens mit Russland. 2019 heiratete er seine Frau Yelena, geborene Shebunova. Das brisante dabei: sie ist die Ex-Freundin des aktuell amtierenden russischen Verteidigungsministers Sergei Shoigu - und aus dieser Verbindung stammen zwei außereheliche Kinder, Sohn Danila und Tochter Daria, geboren 2001 und 2008.Adolfas Kaminskas, bis dahin offenbar Verkäufer von Mopeds und Autoteilen in Vilnius, steht wohl auch wegen seinem plötzlichen Reichtum aus ungeklärten Quellen im Fokus der Ermittler. Er hatte nach seiner Heirat einen Antrag an die litauischen Behörden gestellt, und die beiden von der Frau in die Ehe eingebrachten Kinder als litauische Staatsbürger registrieren lassen. Nun haben die litauischen Behörden aber im Sommer 2022 Jelena (auch Yelena / Elena) Kaminska die Aufenthaltsgenehmigung für Litauen entzogen - sie stelle wegen ihrer intensiven Beziehungen nach Russland eine Gefährdung der Sicherheit dar und wurde zur Persona non grata erklärt.