31 März 2008

Kirchenimport

Kirchen nach Litauen zu befördern ist offenbar nicht mit dem Spruch "Eulen nach Athen" zu vergleichen - auch wenn das baltische Land doch als sehr glaubensorientiert gilt, und die Zahl der Kirchen eigentlich nicht zu wünschen übrig lässt.
Die Firma Erich Bundschuh aus Walldürn-Glashofen im Odenwald hat es dennoch gemacht, und lieferte eine komplette Kirche nach Venta im Norden Litauens - am Ostermontag 2008 war Einweihung (26,83 Meter lang, 11,30 Meter breit, Firsthöhe 10,80 Meter im Kirchenschiff). Erfahrungen im Holzbau zahlen sich eben aus.

Nur die Beschreibung, wie es zu diesem Auftrag kam, fällt etwas kompliziert aus. Verantwortliche Personen: Pfarrer Gauronskas, ehemals in Venta tätig, heute bei einer anderen Gemeinde in Kaliningrad. Viktor Niedermayer, Dolmetscher und Bauleiter der KfdO (Kirche für den Osten e.V.), der Gauronskas traf. Gebaut werden sollte die Kirche zunächst in der Ukraine (die KfdO baut ganze Sägewerke in der Ukraine auf, für den Kirchenbau), aber angeblich seien die Zollformalitäten von der Ukraine nach Litauen zu kompliziert gewesen (wie ist ein Kirchenimport zu verzollen?). Foto rechts: die Kirche in Venta am Tag der Einweihung (Foto: Bundschuh)

So kam Bundschuh zu dem Bauauftrag - wenn man der Darstellung seiner Projektbeschreibung glauben kann. Die Webseite der KfdO stellt es etwas anders dar: eigentlich seien diese Bauteile für einen Pfarrer in Sibirien bestimmt gewesen; die russischen Behörden hätten aber Schwierigkeiten gemacht, so hätten die Bauteile in Deutschland zwischengelagert werden müssen und nun ihre neue Bestimmung gefunden. Erstaunlich: Schamhaupten in Bayern (Sitz der KfdO) als Verschiebebahnhof für den Kirchenexport? Handwerker Bundschuh sagt selbst dazu, damals hätten brandschutzrechtliche Bestimmungen den Aufbau in der Ukraine verhindert.

Die höchsten Kirchenwürden haben sich eingeschaltet: Der Bischof von Telšiai, Dr. Jonas Boruta, habe selbst um Hilfe gebeten: Venta habe 30.000 Einwohner, 60% davon katholisch, aber bisher keine Kirche (so stellt es die KfdO auf ihrer Webseite dar - an dieser Stelle kann auch online gespendet werden, da wird den Interessierten eine attraktiv klingende Dreisatz-Rechnung geboten. Immerhin sind laut KfdO-Angaben bis November 2007 40.000 Euro für dieses Projekt gespendet worden).
Die Lokalzeitungen (Donaukurier 21.3.08, Rhein-Neckar-Zeitung und Fränkische Nachrichten am 29.3.08) berichten ebenso stolz, aber die Fakten verschwimmen offenbar: gemäß Donaukurier hat Venta plötzlich nur noch 4200 Einwohner. Das reizt zur weiteren Recherche: bei Wikipeda (zugegeben, auch alles andere als eine sicher Quelle) wird eine Bevölkerungszählung von 2005 angegeben, der zufolge Venta 3221 Einwohner hat. Da haben sich die angeblich christlich motivierten Menschen mit dem spendenuntertstützten Kirchenbau-Business doch "zufällig" mal um eine Null vor dem Komma vertan, scheint es. -

Dem tüchtigen Handwerksmeister kann es egal sein. Er ist auf kreativen Ingenieurholzbau spezialisiert und achtet auch auf Energieeffizienz. In der Rhein-Neckar-Zeitung sind auch ein paar weitere Hintergrundinfos sachlich dargestellt: Venta wurde erst 1966 aus dem Zusammenschluß zweier Dörfer heraus gegründet. Eine Reißbrettplanung, um einen Rangierbahnhof herum. Dazu ein Industriekomplex mit Baustoffherstellung und chemischer Industrie. Aber eben keine Kirche. Nun ist das auch behoben, und ein paar menschliche und kirchliche Kontakte zwischen Deutschland und Litauen sind wohl auch dazugekommen.

03 März 2008

Arbeit am Image: wo liegt Litauen?

Nur selten wird Litauen-Werbung so schön platziert wie kürzlich beim Bericht des "Kölner Stadt-Anzeigers" zum Kölner Literaturfest Lit-Cologne. Litauen war nicht einmal vertreten, aber der Bericht zur Auftaktveranstaltung mit Anke Engelke, Cordula Stratmann und Roger Willemsen gibt die Frage von Anke Engelke wieder, was dieses "Lit" im Titel der Veranstaltung eigentlich bedeute. "Litauen?" - diese Antwort bzw. ironische Randbemerkung ist von Cordula Stratmann überliefert. Kommentar des berichterstattenden Journalisten: hier ging "lustig" vor "literarisch".

Dabei unternimmt Litauen doch gerade im Frühjahr 2008 vielfältige Anstrengungen, um sich ins Blickfeld der d
eutschen Kulturinteressierten zu schieben. Allerdings firmiert die eigentliche litauische Literatur hier - wie auch bei der anstehenden Buchmesse in Leipzig - eher unter dem Motto "Kleine Sprachen, große Literaturen".

150.000 Litauer leben inzwischen bereits in Irland leben, 10.00o sind es in Dänemark. Das erzählte die litauische Botschafterin in Dänemark, Rasa Kairiene, der Zeitung "Der Nordschleswiger" (deutschsprachige Zeitung in Dänemark). Ob aus den dort verlebten Jahren neue Erzählungen, spannende Geschichten, oder Erfahrungen vom Zusammentreffen mit anderen Kulturen entstehen?

Auf deutscher Seite ist Litauen immer noch recht häufig wegen verschiedenen Sozialprojekten im Gespräch. So startet etwa der ASB von Bad Oldesloe nach Kelme (Abendblatt 28.2.2008), in Osnabrück wird Geld gesammelt für Pagegiai (Neue Osnabrücker Zeitung 11.2.08), und Breitenstein setzt sich für Projekte in Medininkai ein (Böblinger Zeitung). Da ist es wahrscheinlich schwierig zu vermitteln, dass in Litauen gleichzeitig Hilfsbeedürftigkeit und doch Arbeitskräftemangel gibt. "Mittlerweile kommen die Arbeitskräfte nicht nur aus der Ukraine oder Weißrussland, sondern aus der Türkei und sogar aus China," so sagt es Botschafterin Kairiene im Interview. Europäische Schieflage, oder ungleichzeitige Wahrnehmung?

Da wirkt sicher auch ein Bericht einer jungen Österreicherin interessant, der kürzlich im "Standard" nachzulesen war. Manuela Baier arbeitet "in den Wäldern Litauens", so kennzeichnet es die Zeitung, in einem Kongreßhotel. "Unter meinen Freunden und in unserer Branche gilt Litauen natürlich eher als ungewöhnlicher Arbeitsort," so die Hoteliertochter, die per Hotel-Shuttlebus versucht, Verbindung zum Nachtleben in Vilnius zu behalten. "Aber man kann viel bewegen, und man sieht die Entwicklung."

11 Februar 2008

Litauen richtet erneut Esperanto Kongreß aus

Gibt es Journalisten, die in Esperanto schreiben? Oder in dieser bekanntesten aller Kunstsprachen recherchieren, oder sich untereinander austauschen? Im Mai 2008 werden diese Fragen bei Bedarf zu klären sein - beim internationalen Kongreß der Esperanto-Journalisten in Vilnius.

Litauen fühlt sich schon länger dem Esperanto verbunden: 2005 fand sogar der Esperanto-Weltkongreß in Vilnius statt. Der Erfinder des Esperanto, Ludvik Lazarus Zamenhof, hatte jüdisch-litauische Vorfahren. Eine "Zamenhofen-Straße" hat "Litovio" (Litauen, auf Esperanto) gleich in Vilnius und auch in Kaunas vorzuweisen.



Vom 26. bis 30.Mai 2008 werden sich die Esperanto-Kundigen Pressevertreter in
Vlnius treffen - soviel ist bisher bekannt. Wer mehr wissen will, muss offenbar des Esperanto kundig sein: die Infoseite der litauischen Esperanto-Vereinigung bietet keinerlei Übersetzung dazu an. Wer erst die "ideale gemeinsame Weltsprache" gelernt hat, scheint solche Bedürfnisse nicht mehr zu haben (wo doch "Loko", "Tempo" und "Ĉeftemo" längst klar sind).

Webseite der litauischen Esperanto-Vereinigung


03 Februar 2008

Wieder Ölunfall in Butinge

Der Bau des litauischen Ölterminals Butinge nahe der lettischen Grenze war heiss umstritten - litauische wie lettische Umweltschützer hatten beim Bau heftig protestiert. Damals konnte sich Litauen nicht mit Lettland einigen in den damals neu zu ordnenden Fragen der Energiepolitik: weder über im Bereich der Seegrenze mit Lettland vermutete Ölfelder in der Ostsee, noch in der Hafenpolitik, die der litauischen Ölraffinerie Mazeikiai eine Versorgung von der Ostsee ermöglichen sollte. Wie so oft, wenn sich wirtschaftliche und finanzielle Interessen gegenüber Natur- und Umweltschutz durchsetzen, hieß es damals: die Anlage ist völlig sicher, es kann gar nichts passieren.

Dass es schon lange anders anders ist, wird nicht mehr so laut verkündet. Auch in der vergangenen Woche wieder: bereits am Donnerstag morgen soll sich beim Entladen des Tankers "Antarktika" (registriert unter der Flagge der Cayman Inslands) ein Ölunfall am litauischen Terminal Butinge zugetragen haben - das melden die Nachrichtenagenturen sowohl Litauens wie Lettlands. Auch die Küste des nördlichen Nachbarlands ist bereits betroffen, da momentan vorherrschende Winde das ausgetretene Öl schnell nach Norden trieben. Das Entladen des Tankers wurde gestoppt.
Am Donnerstag hatten litauische Behörden zunächst die Ausbreitung des Öls auf eine Fläche von nur 50 qm geschätzt.

Nachdem Russland die Ölversorgung für die Raffinerie Mazeikiai 2006 über die Drushba-Pipeline wegen angeblich dringender Reparaturen gestoppt hatte, ist Butinge als einzige Versorgungsmöglichkeit übrig geblieben. Seit der Inbetriebnahme des schwimmenden Entlade-Terminals 1999 soll es immer wieder Unfälle gegeben haben: 2001 gerieten gleich 59 Tonnen Rohöl in die Ostsee.

Ob die mühsam gekitteten energiepolitischen Beziehen zwischen Litauen und Lettland (angeblich wollen alle drei baltischen Staaten ja zusammen mit Polen sogar ein Atomkraftwerk bauen) nun wieder in Frage gestellt werden könnten, bleibt vorerst unklar. Zwar äusserte der lettische Umweltminister Vejonis, der selbst in den 90er Jahren gegen den Bau des Terminals aktiv war, gegenüber lettischen Medien seinen Unverständnis über den Unfall - aber für den Bereich Energie ist sein Ministerium gar nicht zuständig. Vejonis gegenüber der Tageszeitung NRA
am 1.Februar: "Wie man sieht, ist es besser sehr sorgfältig zu überlegen, bevor so etwas gebaut wird. Damals haben die Litauer behauptet, alles sei vollkommen sicher."

Pressemeldung "Baltic Times" zum Ölunfall

28 Januar 2008

Wer hat Angst vor Litauern?

Angst vor litauischen Hausärzten in Großbritannien scheinen die britischen Ärzteorganisationen zu haben - so berichtet es auch das Deutsche Ärzteblatt. Großbritannien gehört ja zu denjenigen EU-Mitgliedsländern, die ihren Arbeitsmarkt schon 2004 für die neuen EU-Mitgliedsländer freigegeben haben. Und da laut diesem Bericht die britischen Ärzte zunehmend darauf verzichten, ihre Patienten auch abends und am Wochenende zu versorgen, soll es zunehmend Ärzte aus dem Ausland geben, die auf die britische Insel reisen um genau diesen Service anzubieten. Besonders stark vertreten sollen Ärzte aus Litauen und Polen sein. Bis zu 3.000 Euro kann so ein einziger Wochenend-Einsatz bringen.

Allerdings bietet nicht jeder Arzt individuell so etwas an, sondern es gibt kommerzielle Vertretungsdienst-Organisationen, die das übernehmen. Und dann kommt es dazu, was der britischen Ärzteorganisation Sorgen bereitet: „Viele polnische Hausärzte arbeiten Montag bis Donnerstag in ihrer eigenen Praxis in Polen. Freitag fliegen sie dann nach Großbritannien. Das kann Reisezeiten von bis zu zehn Stunden mit sich bringen“, so ein Sprecher der britischen „Patients Association“ (PA). „Die Ärzte kommen übermüdet an und die Gefahr ist groß, dass sie Fehler machen. Zumal viele nicht sonderlich gut Englisch sprechen,“ so zitiert das Ärzteblatt die Aussagen der Kolleg/innen im britischen Königreich.

Ganz andere Ängste haben Ökonomen offenbar um die Geschäftserfolge nordeuropäischer Banken. Das HANDELSBLATT überschreibt einen entsprechenden Beitrag vom 22.Januar mit "Der Norden zittert". Die Voraussage geht dahin, dass auch die bisher als krisensicher geltenden skandinavischen Banken noch in den Strudel der Bankenkrise geraten könnten. Grund: eine starke Ausrichtung dieser Banken zu Estland, Lettland und Litauen; damit verbunden werden eine möglicherweise zu leichtfertige Kreditvergabe, ein hohes Leistungsbilanzdefizit vor allem in Lettland (-22%) und Litauen (-14%), verbunden mit starken Lohnsteigerungen von bis zu 30%, die rekordhohe Inflation zur Folge hatten. Dem Handelsblatt zufolge mussten die Swedbank 40,5 Millionen Euro an Kreditverlusten in den baltischen Staaten einstecken, die SEB sogar 75 Millionen Euro.

23 Januar 2008

90 Jahre litauische Wiedergeburt

Schon sind die ersten Wochen des Neuen Jahres vergangen, und so langsam besinnen sich die zuständigen Stellen auf einige demnächst anstehende Gedenktage. Am 16.Februar 1918 wurde der unabhängige Staat Litauen wiederhergestellt. Am 11.März 1990 erklärte Litauen erneut seine Unabhängigkeit, und löste sich damit von der Sowjetunion. Und am 23. März 1918 wurde die souveräne Republik Litauen von Deutschland de jure als Staat anerkannt.

Baltisch sein - vom
Wesen dieser Sache
So lesen wir also jetzt vom "Essentia Baltica". Richtig: "Essentia", Lateinisch "das Wesen einer Sache". Geht das einen ähnlichen Trend wie das lettische Projekt "Balticness" (von der gegenwärtigen Ostseeratspräsidentschaft Lettlands ins Leben gerufen)? "Baltisch sein" statt "Baltikum" (wo die Litauer ja auch nicht dazugehören)? Somit heißt es auch "Baltica" und nicht "Baltikum".

Es war eine von Außenminister Steinmeier zusammengerufene Schar deutscher Kulturschaffender, die im Sommer 2007 mit auf amtliche Litauen-Fahrt gehen durfte. Zumeist genau diese Namen finden sich jetzt auch im amtlichen "Partnerschaftsprogramm": so stellt zum Beispiel Schriftsteller Sten Nadolny am 21., 22. und 23.Februar sein Buch "die Kunst der Langsamkeit" in Vilnius und Kaunas vor (leider nicht zusammen mit seinem anderen Titel "Netzkarte" - dann würde es aktuelle Probleme der Deutschen Bahn schön karikieren ...).

Was aber dürfen wir vom "Wesen der baltischen Sache" in Deutschland erwarten? Das litauische Außenministerium erklärt uns die Grundlagen dieser bilateralen Aktivitäten so: "This year Germany is holding the Year of Baltic Culture and Lithuania is holding the Year of German Culture." Also: Deutschland erklärt uns die "baltische" Kultur, und Litauen popularisiert die deutsche Kultur - welch wundersame Arbeitsteilung! Zumindest inneramtlich scheint dies so abgesprochen zu sein - auch wenn sich dies in den bürgerschaftlichen Aktivitäten (z.B. Deutsch-Litauisches Forum) überhaupt nicht widerzuspiegeln scheint.

Vilnius sein: von deutschen Ämtern nicht gern gesehen?

Dann also mal eine Frage an die deutschen Ämter: Warum nennt sich die Deutsche Botschaft in der litauische
n Hauptstadt weiterhin hartnäckig "Botschaft Wilna"? Und warum stört das niemand auf deutscher Seite? Die "deutsche Bezeichnung von Vilnius" ist das jedenfalls nicht. Dies zu ändern, und nicht zu verschweigen, wie die litauische Hauptstadt wirklich heißt, wäre doch eine schöne Aufgabe für ein "deutsch-litauisches Kulturjahr"! Und natürlich für das folgende Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt Vilnius ...

Ein Grund für die "verspätete" Ankündigung der gemeinsamen Kulturpräsentation ist wiederum in einer Info des litauischen Außenministeriums zu finden: dieses Jahr fängt nicht am 1.Januar an. Offiziell eröffnet wird es erst am 15.März 2008 mit einem festlichen Konzert der
KREMERATA BALTICA in der Philharmonie Berlin. Nur mit geladenen Gästen? Jedenfalls ist der Besuch der vier Staatspräsidenten Adamkus, Köhler, Ilves und Zatlers vorgesehen.
Litauen selbst wird am 16.Februar eine Konferenz veranstalten unter dem Titel
'1918: Lessons and Mistakes. Relations among Lithuania, Poland and Germany during the Interwar Period and after the End of the Cold War’.
Und, nicht zu vergessen - denn EU und NATO spielen aus litauischer Sicht sowieso eine gleichstarke Rolle: am 7./8.Februar wird es auch ein informelles Treffen der NATO-Verteidigungsminister in Vilnius geben; es ist anzunehmen, dass dort ebenfalls Neunzigfaches zelebriert wird.

Zum Weiterlesen:

Erklärung des litauischen Außenministeriums zu deutsch-litauischen Aktivitäten

Erklärung des litauischen Außenministeriums zum informellen NATO-Treffen

Rede von Bundesaußenminister Steinmeier beim Thomas-Mann-Festival in Nida im Juli 2007

Das Auswärtige Amt zu den kulturellen Beziehungen zwischen Litauen und Deutschland (bis zum heutigen Tage fehlen auch dort Hinweise auf "Essentia Baltica", und auch hier wird nicht der Name der litauischen Hauptstadt Vilnius, sondern "Wilna" verwendet ...)

Veranstaltungskalender der Botschaft Litauens in Berlin zu ESSENTIA BALTICA

Fakten zu Vilnius (Infoseite der Kulturhauptstadt 2009, engl.)

Info des lettischen Außenministeriums zum Projekt "Balticness" (engl.)

29 Dezember 2007

Neues Jahr, neuer Pass

Zum 1.Januar 2008 wird Litauen neue Reisepässe einführen, um sich weiter an existierende EU-Standards anzupassen; dies kündigte Innenminister Regimantas Ciupaila im Rahmen einer Presseinformation an.
Äußerlich neu ist vor allem die Farbänderung: nicht mehr grün, sondern einheitlich EU-burgunderrot.
Foto: Gediminas Savickius

Dem Innenministerium zufolge werden in Litauen pro Jahr etwa 200.000 Passdokumente neu ausgestellt. Natürlich wird auch diese Änderung wieder einmal unter anderem damit begründet, es Passfälschern schwerer machen zu wollen. Seit dem 1.Januar 2003 sind in Litauen bereits Identitätskarten eingeführt (entsprechend den deutschen Personalausweisen).


Die erstmalige Einführung von allgemeinen Passdokumenten auf litauischem Gebiet soll übrigens auf die deutsche Besetzung im Ersten Weltkrieg zurückzuführen sein, darauf weist auch ein Beitrag in "Lithuania in the world" hin. Die Deutschen hätten damals verlangt, dass alle Einwohner ständig einen Pass bei sich tragen. Das war 1915-17, aber als Litauen 1918 wieder unabhängig wurde, war einer der ersten Maßnahmen litauische Pässe einzuführen. Interessante Informationen zu den Passvorschriften der damaligen Zeit versammelt auch das Portal "JewishGen" (siehe Abbildung)

Deutschland und Litauen haben seit 1990 wieder gute freundschaftliche Beziehungen erreicht. An historische Parallelen erinnert aber auch, dass auch die aktuell gültigen litauischen Pässe in der Bundesdruckerei in Berlin produziert werden.

Infoseiten:
Passbehörde des litauischen Innenministeriums

Infoseite zu Litauen in der EU

Übersicht zu allen noch gültigen litauischen Passdokumenten (ÖFFENTLICHES ONLINE‑REGISTER ECHTER IDENTITÄTS- UND REISEDOKUMENTE - PRADO), allerdings noch ohne die neue ab 2008 gültige Variante

Infos der Bundesdruckerei Berlin
- zum E-Pass-Upgrade
- zur Produktion von litauischen Führerscheinen
- zu Reisepass-Lesegeräten für Grenzbeamte

08 Dezember 2007

Iki, Iki - bye bye ...

Mit einem freundlichen "Iki" ("Hallo" - oder auch "bis zum nächsten Mal") - so begrüßen und verabschieden die gleichnamigen Kettenglieder dieser litauischen Supermärkte ihre Kunden. Die geschäftlichen Verflechtungen mit Deutschland wachsen weiter. Sämtliche 2009 Läden in Litauen und auch in Lettland sagen nun "Hallo" zur REWE-Gruppe: Die fünf Einzelhändler Rewe aus Deutschland, Leclerc aus Frankreich, Colruyt aus Belgien, Conad aus Italien und die Schweizer Coop haben gemeinsam die Mehrheit an dem baltischen Unternehmen Iki übernommen. Der Zusammenschluß dieser Fünf unter dem Label "Coopernic" umfasst in 18 Ländern Europas mit 17.500 Märkten einen Gesamtumsatz von über 100 Milliarden Euro. Der Kaufpreis für 80% der IKI-Anteile soll 1 Milliarde Litas (300 Millionen Euro) betragen haben.

Die bisher litauische Kette IKI erwartet im Jahr 2007 einen Umsatz von 635 Millionen Euro, eine Steigerung um 30% gegenüber dem Vorjahr. 7700 Mitarbeiter/innen arbeiten bisher bei IKI, damit ist es die drittgrößte Lebensmittelkette in den baltischen Staaten. 20 Prozent der Anteile werden unverändert von der Eigentümerfamilie Ortiz - den Brüdern George (42), Oliver (40) und Nicolas (36)
aus Belgien - mit ihrer Firma "Baltisches Haus" gehalten, die IKI 1992 gründeten.
Zur deutschen REWE-Gruppe gehören auch die toom-Baumärkte, Penny, ProMarkt, AtlasReisen, DER-Reisebüros, ITS, und Dertour.

Damit findet die sagenhafte Erfolgsgeschichte der Ortiz-Brüder, die 1991 nach Litauen kamen und in zunächst gemeinsam in einer 60qm-Wohnung gelebt haben sollen, einen vorläufigen Höhepunkt.
Auch das Projekt der "In-Your-pocket"-Stadtführer, die inzwischen in 16 verschiedenen osteuropäischen Staaten herausgegeben werden, war eng mit der Geschäftstätigkeit der drei jungen Belgier verknüpft. 1992 wurden die ersten Lebensmittel-Läden gegründet, zu einer Zeit, als in Litauen sogar noch die Reste der Rote Armee stationiert waren.

Die Einzelhandelsketten profitieren vom anwachsenden Konsumbedürfnis, vom Wirtschaftswachtum, und von gestiegenen Löhnen in Litauen. Parallel gibt es allerdings auch erhebliche Preissteigerungen - Grundlage der Profite in dieser Branche. Weiterhin ist die Gesamtzahl der Fläche der größeren Supermärkte stark gestiegen.

Infoseite BusinessLithuania

Pressemeldung der REWE-Group

Beitrag in „Verslo savaitė“ (lit.)

IKI Litauen

Beitrag im "Handelsblatt"

IKI - Vision and values

02 Dezember 2007

Es weihnachtet Litauisch

Einen litauischen Weihnachtsmarkt veranstaltete die Botschaft Litauens in Berlin am 30.November, pünktlich zum 1.Advent. Eine schöne Gelegenheit für Berlinerinnen und Berliner, mal einige der tradionell erzeugten und sehr schmackhaften Backwaren zu probieren (allein schon das dunkle Kümmelbrot ist legendär!), sowie sich mit Kunsthandwerk und Kinderspielzeug aus Litauen bekannt zu machen. Der Verkaufserlös kam der litauischen Sonntagsschule in Berlin zugute.

Wer sich bis zum Abend noch nicht satt gegessen hatte, konnte zur Repräsentanz des Landes Sachsen-Anhalt in Berlin (nur wenige Häuser weiter) herüberwechseln, wo erstmals ein vorweihnachtlicher litauischer Abend veranstaltet wurde. Landwirtschaftsministerin Petra Wernicke aus Sachsen-Anhalt konnte hier auch die litauische Ministerkollegin Prof. Kasimira Danute Prunskiene als Gast begrüßen. Prunskiene erinnerte in einer kurzen Ansprache an Litauens mehrfache erfolgreiche Teilnahme an Messen und Wirtschaftsausstellungen in Berlin, zum Beispiel der Grünen Woche. Der Leiter der Landesvertretung, Dr. Michael Schneider, betonte besonders die vielfältigen wirtschaftlichen Kontakte seines Bundeslandes nach Litauen.
Für musikalische Unterhaltung sorgte ein Akkordeon-Quartett aus Kaunas, und das Bindeglied sowohl zwischen den Generationen wie auch den Kulturen stellte eine Kinder-Modenschau dar.

Ebenfalls am gleichen Tag
e fand ein Treffen des Deutsch-Litauischen Forums statt. Es wurden Erfahrungen ausgetauscht zwischen Mitgliedern, die aus verschiedenen Arbeits- und Tätigkeitsbereichen mit Litauen zu tun haben.


Mehr dazu:
Webseite Litauische Botschaft

Vertretung Sachsen-Anhalts in Berlin

Deutsch-Litauisches Forum


22 November 2007

Verfilmte Schlachten

Bereits Ende 2006 waren Einzelheiten bekannt geworden über ein weiteres filmisches Großprojekt, das in Litauen und in St.Petersburg produziert wurde. Es ist die Neuverfilmung von Leo Tolstois Klassiker Krieg und Frieden. In Litauen wurden unter anderem die großen Schlachten von Austerlitz (1805) und Borodino (1812) nachgestellt und gedreht. Nun kommt der Film in Deutschland und Österreich ins Fernsehen. Die Sendetermine für ZDF und ORF stehen bereits fest: 6., 9., 13. und 16. Januar 2008. (Fotos: ORF)

Sechs Wochen am Stück in Litauen drehen - das hätte Hauptdarstellerin Hannelore Elsner nicht zugesagt, wenn ihre Kinder noch kleiner gewesen wären, sagt sie im ZDF-Interview. Der fertige Film sei wie ein "riesengroßes, dickes Bilderbuch, das man durchblättert" geworden, meint sie. Über 2000 historische Kostüme waren für den Film angefertigt worden.

Tolstois Werk wurde ja bereits mehrfach verfilmt, die bekanntesten Versionen sind die US-Fassung (1956) mit Audrey Hepburn und Henry Fonda sowie ein sowjetischer Film (1968) von Sergej Bondartschuk. Beide haben ihre Fans, und in Internetforen wird bereits heftig diskutiert, ob diese neue Fassung überhaupt eine Chance hat, diese zu übertreffen.

Von dem Bondartschuk-Film sei er schon etwas beeindruckt gewesen, sagt Regisseur Robert Dornhelm. "Das war wahrscheinlich mit Abstand der teuerste Film aller Zeiten, allein für die Schlachten waren 40.000 bis 50.000 Soldaten zwei Jahre lang beschäftigt. Die Kavallerie hatte 5000 Pferde. D
rei Jahre lang wurde gedreht, zwei Jahre lang geschnitten. Das ist unvorstellbar und großartig monumental, aber zugleich auch sehr intim, sehr detailverliebt. Der Film ist jedoch auch mit einem Schuss Sowjetpropaganda versehen, was möglicherweise gar nicht im Sinne Tolstois war."
Das heutige Produktionsverfahren benötige nicht mehr so viele Statisten, erklärt Dornhelm. Statt 40.000 Soldaten werden nur noch 1000 real abgefilmt, der Rest geschieht durch Vervielfachung.

"Was sprach für Litauen?" wird Regisseur Dornhelm im ORF-Interview gefragt. Dornhelm: "Dass es noch immer nicht einfach ist, in Russland zu filmen. Dass es dort eine sehr gut funktionierende Filmproduktions-Struktur gibt. Dass die „Schlachtfelder“, die wir brauchten, ganz in der Nähe waren."
In Italien wurde der Vierteiler bereites erfolgreich ausgestrahlt, in Frankreich ist gerade Halbzeit: Beide Sender erreichten bisher durchschnittlich rund fünf Millionen Zuschauer pro Folge. Das wurde bei einer Presseveranstaltung am 19.11. in Hamburg bekannt gegeben.

Die österreichischen Medien scheinen Dornhelm ("Östereichs Hollywood-Export") auch als guten Koch zu kennen. "Was haben Sie in Litauen kredenzt?", wir er gefragt. Antwort: "Litauen ist das Land der Pilze, also habe ich Gerichte mit Schwammerln zubereitet. Anfangs griffen sie nur sehr zögerlich zu, aber nachdem die Ersten die Mahlzeiten überlebt hatten, herrschte reger Andrang."

Infos des ZDF zum Film

Bilder zu Teil 1 der ZDF-Serie

Hannelore Elsner zu den Erfahrungen bei den Dreharbeiten

Robert Dornhelm im ZDF-Interview

"Bei zu viel Rühren entsteht Gulasch" -Interview mit Robert Dornhelm bei den OÖ-Nachrichten

Infos des ORF-Kundendiensts zum Film

19 November 2007

Tomas Venclova startet Lesereise

Sein Name ist in Deutschland wohl nicht jedem gleich geläufig - aber für Litauen-Interessierte ist der Name "Venclova" in vieler Hinsicht ein Begriff. Tomas Venclova ist heute einer der am meisten international anerkannten litauischen Autoren, Schriftsteller und Poeten. Seine Stimme wird nicht nur in Form der Rezeption seiner Werke wahrgenommen, sondern auch als entschiedener Vertreter seines Heimatlandes auch unter schwierigen oder zumindest sehr verschiedenen Perspektiven: die Realitäten Sowjet-Litauens hat er durchlitten und erlebt soweit, bis er ins Exil gezwungen wurde. In den USA arbeitend, erinnert er sich wiederum gern der europäischen Perspektive, und schrieb erst kürzlich ein Buch über "Vilnius, eine Stadt in Europa." Und als Poet bringt er Saiten in der Seele der Menschen zu erklingen, die mal litauisch, mal polnisch, mal russisch, mal wie aus einem gemeinsamen menschlichen Heimatland entsprungen zu sein scheinen. Tomas Venclova startete am 18.November 2007 eine neuntätige Lesereise durch Deutschland und Österreich.

"Ja, ich bin ein Weltenbummler," das gibt Tomas Venclova, vor kurzem 70 Jahre alt geworden, zu, "und ich habe auch weiterhin noch Spaß daran." Auf Grönland sei er noch nicht gewesen, erzählt er scherzhaft, aber wer Gelegentheit hat auf Nahdistanz mit ihm zu reden, wird nicht nur über seine Gewandheit zwischen den Sprachen und Kulturen der Welt beeindruckt sein. Auch beim Start seiner Lesereise - während seines Aufenthalts in Bremen - gab es genug Gelegenheit zwischen den Erfahrungswelten hin- und herzuwandeln (Welten, die sich ja zumindest teilweise im Inneren des Menschen herausbilden). Von einem herzlichen "Sveiki atvykę" gegenüber den Litauisch-Kundigen macht es Venclova keinerlei Mühe, alsbald tief versunken in Russisch emotional und gleichzeitig analytisch mit Wissenschaftlern zu diskutieren (wie in diesem Fall anläßlich eines Besuchs an der Forschungstelle Osteuropa an der Universität Bremen), und anschließend mit den Gästen seiner Lesung bei Bedarf auch auf Englisch oder Polnisch die Umstände der Entstehung seiner Gedichte zu erläutern.

Nein, häufiges Reisen klärt offenbar Kopf, Geist und Seele nach wie vor. Dabei bleibt Tomas Venclova interessiert, wo er sich jeweils befindet. "Ich weiß, was Plattdeutsch ist", kramt er sogar ein paar Worte Deutsch hervor, und auch der Klang dieser Sprache kommt klar und bestimmt von seinen Lippen.

Wer noch Gelegenheit hat, sollte sich die Chance einer persönlichen Begegnung mit Tomas Venclova nicht entgehen lassen!

Weitere Termine: 19.11. Frankfurt, 20.11. Wetzlar, 21.11. Wiesbaden, 22.11. Leipzig, 23.11. Berlin, 26.11. Wien.

Infos zur Neuerscheinung Tomas Venclova "Gespräch im Winter" (Suhrkamp)

Details zur Lesereise

Gespräch von Erich Klein und Uldis Tirons mit Tomas Venclova (Eurozine)

Infos von "Books from Lithuania" zu Tomas Venclova

Tomas Venclova bei "Lyrik online"

"Kritische Ausgabe" zum Buch "Vilnius, eine Stadt in Europa"

01 November 2007

Ackern in Litauen, einsacken in Deutschland

Als Bauer an die Börse - das ist dieser Tage eine beliebte Schlagzeile in vielen Wirtschafts- nachrichtendiensten. Beim näheren Hinschauen wird deutlich, dass hier ein deutscher Agrarkonzern, der vorwiegend in den ostdeutschen Bundesländern aktiv ist, sich Flächen in Litauen zur Bewirtschaftung gesichert hat und damit offenbar gute Gewinne macht. Die KTG Agrar AG, inzwischen mit Sitz in Hamburg, wird als einer der größten Agrarproduzenten Europas bezeichnet. Aber auch mit Öko-Getreide wird gutes Geld verdient.

Wofür sind solche Erfolgsgeschichten charakteristisch? Dass es der Landwir
tschaft endlich wieder besser geht? Wenn ja, dann ist hier wohl kaum eine bäuerliche Familienwirtschaft traditionellen Stils gemeint. Oder dafür, dass man neuerdings mit Getreide, Milch und andere landwirtschaftliche Produkte wieder besseren Absatz findet am Weltmarkt? Aber ob die Verdienste der Agrarkonzerne der ganzen Branche helfen ist ja eher unsicher. Dass große Agrarkonzerne gut verdienen können? Nun ja, das war schon länger klar. Oder vielleicht, dass in Zukunft nicht mehr in Eßbares investiert werden wird, sondern - trotz Hunger in der Welt - in eine Landwirtschaft, deren Produkte z.B. zur Energieerzeugung verbrannt werden? Nun ja, die KTG Agrar produziert erstmal Biogas.

Zunächst ist es die Geschichte von den Gebrüdern Hofreiter aus dem Süddeutschen, so wie sie zum Beispiel im Hamburger Abendblatt erzählt wird. Über Bio-Eier und Geflügel landeten sie beim Getreideanbau, auch bei Mais, Raps, Zuckerrüben, Kartoffeln. 14.000 Hektar werden inzwischen insgesamt bewirtschaftet ("19.500 Fußballfelder groß", sagen die Hofreiters - kann das mal jemand in Basketballfelder umrechnen?).

Die Rede ist vor allem von einem Boom bei Ökoprodukten. 5700 ha Biogetreide, und 10 Biogasanlagen gehören zur Firma. In Litauen gibt es seit 2005 KTG Standorte in Raseiniai, bei Vilnius und Mažeikiai.

Eine kritische Stimme zum geplanten Börsengang der KTG Agrar wird bei Yahoo-Nachrichten zitiert, die sich auf einen Beitrag in der FAZ vom 28.10.07 beruft. "Hohe Subventionen verzerren die Bilanzen", erklärt dort der Bundesvorsitzende der "Arbeitsgemeinschaft Bäuerliche Landwirtschaft" (ABL) und grüne Europaabgeordnete Friedrich-Wilhelm Graefe zu Baringdorf. Zum einen sei es beschlossen, die 300.000 Euro EU-Zuschuß, die ein Betrieb bekommt, bis zu 58% zu kürzen. Die FAZ rechnet vor: von 885 Euro Erlös pro Hektar stammten 308 Euro aus Steuergeldern, und damit deutlich höher als der Nettogewinn von 123 Euro. Bis 2013 bleibt aber mit den EU-Zuschüssen vorerst alles beim Alten: bis dahin hofft die KTG Agrar genug Gewinn erwirtschaftet zu haben, um auch als Aktiengesellschaft überlebensfähig zu sein. (Fotos und Grafik: KTG Agar)

Pressemitteilung KTG Agrar

Hamburger Abendblatt

Handelsblatt

Stock-World

Yahoo-Nachrichten

27 Oktober 2007

Geflüsterte Sünden

Leider ist Jurga Ivanauskaite, eine der bekanntesten litauischen Schriftstellerinnen der Gegenwart, Anfang diesen Jahres im Alter von nur 45 Jahren verstorben. Aber eines ihrer letzten Projekte war die Arbeit mit Regisseur Algimantas Puipa an dem Film "Nuodėmės užkalbėjimas", in dem Motive ihrer Romane und Erzählungen verarbeitet sind. - "Regenhexe" hatte drei Erzählebenen, im Film haben wir uns auf eine davon konzentriert", so Puipa kürzlich auf dem lettischen Filmfestival "Lielais Kristaps" in Riga. Unter dem deutschen Titel "Sündengefüster" ist der Film nun - in litauischer Fassung, englisch untertitelt - auf den Nordischen Filmtagen in Lübeck zu sehen.

Das Thema der Liebe zu einem Priester war sicher einer der Gründe, warum manch
e das Buch "Ragana ir lietus" (deutscher Titel: Regenhexe) im katholischen Litauen lieber verboten sehen wollten. Auch der Film knüpft genau an dieser Stelle an, in dem entsprechende Einstellungen am Anfang stehen. Aber dann knüpft die Story das Geschehen dichter, und es entwickeln sich mehrere Hauptfiguren, auch in ihren Beziehungen untereinander. "Ich möchte von ihm loskommen", erklärt Vika ihrer Psychotherapeutin Rita, nachdem ihr Priester Paulius erklärt hat, er müsse sich von ihr trennen. "Erzählen Sie genauer, in allen Einzelheiten," fordert Rita sie auf, die schon seit Jahren keine wahre Liebe mehr erfahren hat, und wohl auch an einem weiblichen Dialog über die Grenzen und Mythen der Liebe interessiert ist.

Aber Vika hat ja auch Go, der in derselben Klinik dahinsiecht, in der Paulius ebenfalls seinen Dienst tut. Go, ein ehemaliger Straßensänger (Kostas Smoriginas, in Litauen musikalisch kein Unbekannter, spielt ein wenig sich selbst?), verliert allmäglich den Kontakt mit der realen Welt. Zwei gegensätzliche Liebschaften: ein Künstler, der sich gehen läßt und in den Tag hinein lebt, und ein Gottesdiener, für den Selbstzucht und formale Regeln eigentlich Lebensinhalt sein sollten. Wo die Liebe hinfällt ...

Auch der Psychologin Rita gibt das Drehbuch etwas Spielraum: als ihr Mann zugibt, eine Geliebte zu haben, gibt sie sich einem anderen hin. Ein Arztkollege, Pathologe, von dem sich erst später erweist, dass er Frauen genauso sezieren möchte wie seine anderen Arbeitsobjekte. Die Geschichte verliert ihre Stützpfeiler: Ritas Tochter erweist sich als selbstmordgefährdet, während Priester-Liebhaberin Vika ihre Sicherheit langsam wiedergewinnt. Gibt es Regeln, gibt es Ursachen für die Liebe? Der Film vermag diese Fragen aus der Perspektive beider Geschlechter zu erzählen - obwohl die Männer natürlich schlechter wegkommen. Dennoch werden sich vielleicht Männer wie Frauen durch diesen Film inspieriert fühlen, über manche dieser Fragen neu nachzudenken.

"Sündengeflüster" auf den Nordischen Filmtagen 2007

Infos zu Jurga Ivanauskaite bei "Books from Lithuania"

"Die Regenhexe" bei PERLENTAUCHER.DE" (mit Rezensionsübersicht)

Wikepeda über Regisseur Algimantas Puipa

Szenefotos des Films (Nordische Filmtage)

20 Oktober 2007

Lightshow für Vilnius

Am 26.Oktober wird ein weiteres Bauprojekt des "neuen Vilnius" eröffnet: VILNIUS VARTAI - das Tor von Vilnius. Es soll Geschäftszentrum, Freizeitoase und Mode-Mekka in einem werden. Neben den schon fertig gestellten Bauten des Europazentrums und der neuen Stadtverwaltung von Vilnius wird Vilnius Vartai die Stadtsillouhette mit prägen. Schicke Boutiquen und Galerien prägen das Angebot und sollen auch immer wieder für das eine oder andere Event sorgen.

Die Eröffnung am Freitag den 26.Oktober wird eine Lichtshow sein, die vom deutschen Künstler Gerd Hof gestaltet wird. "Finden Sie sich rechtzeitig auf der Goštauto Straße ein, von dort aus können Sie es am besten mitverfolgen," lädt die Geschäftsleitung auf ihrer Webseite ein. Um 20.00 Uhr abends soll es losgehen. Gerd Hof hat sich dazu etwas besonderes einfallen lassen: auf zwei Ebenen, am Boden und auf den Dächern des Vilnius Vartai wird mit Licht- und Pyrotechnik der "eiserne Wolf" in den Himmel gemalt, der Legende der Gründung der Stadt Vilnius nachempfunden. Die Musik dazu wird vom litauischen Komponisten Linas Rimša beigesteuert.

Gerd Hof wird 2009 auf weitere ähnliche Events in Vilnius inszenieren, wenn die Stadt Kulturhauptstadt Europas sein wird. "Wo Gerd Hof in Erscheinung tritt, sorgt er für Aufregung" - so ist es auf der Webseite des Künsters zu lesen. Im DDR-System beobachtete die Stasi den gebürtigen Leipziger mit Argwohn. Erst studierte er Brecht, inszenierte Shakespeare und Schiller, später waren es Rockopern oder die Zusammenarbeit mit Kultbands wie "Einstürzende Neubauten", Rammstein oder Kraftwerk. Hof arbeitete mit Musikern wie Blixa Bargeld, Mike Oldfield oder Mikis Theodorakis.

Mit europäischen Themen hatten die inszenierten Events von Gerd Hof schon öfter zu tun: am 1.Januar 2002 gestaltete er die "Night of the Euro" in Athen, illuminierte die Akropolis zum "Tag Europas" am 9.Mai 2003, und inszenierte in Malta am 1.Mai 2004 das "Welcome-Europa" Event.

Weitere Infos:

Selbstdarstellung Vilnius Vartai (Vilnius Gate)

Vilnius Gate bei Emporis.com

Pressemitteilung zum Gerd-Hof-Event

Webseite Gerd Hof

Wikipeda-Seite zu Gerd Hof

Gerd-Hof-Events und Vilnius 2009 (litauisch) (englisch)

Text von Birgit Walter zu Gerd Hof

DIE ZEIT über Gerd Hof

19 Oktober 2007

Starker Zug

Die zugstärkste Diesellokomotive Europas des Typs ER 20 CF wurde kürzlich von Siemens Transportation Systems den litauischen Bahnen am Hauptbahnhof von Vilnius zur Nutzung übergeben. Das gab die Firma am 5.10. in einer Pressemitteilung bekannt. Bei der Übergabe dabei waren außer dem litauischen Bahnvorstand Stasys Dailydka, Verkehrsminister Algirdas Butkevičius
und Siemens-Bereichsvorstand Hans M. Schabert auch der litauische Premierminister Gediminas Kirkilas.
Die neue Frachtlokomotive ist mit 138 Tonnen eine der schwersten Lokomotiven in Europa und kann in Zweifachtraktion bis zu 6000 Tonnen schwere Züge ziehen.

Litauen hatte 34 dieselelektrische Lokomotiven dieser Bauart (Wert 123 Millionen Euro) bestellt, die alle bei Siemens in München gefertigt werdent. Momentan soll sich die zweite Lokomotive auf dem Weg nach Litauen befinden, bis 2009 sollen alle Loks ausgeliefert sein und vor allem zwischen Russland und den Ostseehäfen Klaipeda und Kaliningrad zum Einsatz kommen.


Mehr Infos zum Thema: Innovation-Report

Technische Daten zum "Eurorunner"