29 August 2007

Deutsche Bauern durchpflügen Litauen

Kann ein Bauer Karriere machen? Er kann!
Natürlich nicht auf dem heimischen Bauernhof. "Über die heimische Scholle hinaus" bekommt eine ganz neue Bedeutung, meist erst im Ausland. Es sind Geschichten auch für die landwirtschaftliche Regionalpresse: vom 7. - 17. September 2007 finden in Kaunas / Litauen die Weltmeisterschaften im Wettpflügen statt.

Drei Deutsche werden in Kaunas teilnehmen: Stefan Brudy aus Appenweier und Michael Podehl aus Oyten / Bassen. "Mit einem nagelneuen Traktor per Fähre via Kiel über die Ostsee nach Litauen", berichtet die Syker Kreiszeitung. Eine der ungewöhnlicheren Arten zu reisen - allerdings wird der Traktor verladen. "In Kaunas untergebracht in einem gerade neu eröffenten Studentenwohnhiem", weiß der "Züricher Unterländer" über den Schweizer Teilnehmer Peter Ulrich zu berichten. Ulrich blickt gemäß dieser Veröffentlichung bereits auf eine "25-jährige Pflügerlaufbahn" zurück. Europameister, Viceweltmeister, Schweizer Meister - wer wird da neidisch auf irgendwelche Sportler sein?


Die Schweizer machen sich auch um die unterschiedliche Bodenbeschaffenheit in Litauen Sorgen.
"Im Gegensatz zu meinen Äckern hat es in Litauen viel weniger Steine», erklärt Ulrich der interessierten Presse. "Da der Sandanteil dafür höher ist, wird man jeden kleinsten Fehler sogleich sehen." Ein "gleichmäßiges Wellblechmuster" gilt es zu pflügen, erklärt Podehl, der dreifache deutsche Meister in Folge.
Wie aber kommt ein gewöhnlicher Bauer (Entschuldigung: Landwirt) zu solchen Reisen?
"Nur weil zu Hause Betriebshelfer und die ganze Familie helfen. Sonst könnten wir uns mit unseren 100 Milchkühen einen 14-tägigen Ausfall mitten in der Erntezeit nicht leisten," erklärt Podehl.

Infos zum Thema:


Homepage der Pflüger Weltmeisterschaft in Kaunas

Vorbericht "Züricher Unterländer"

Vorbericht Syker Kreiszeitung

Ergebnisbericht in den OÖ-Nachrichten

Bericht bei "Baden online"

23 August 2007

Nicht jeder hat einen Alekna ...

Feucht-heiße Schwüle soll die teilnehmenden Sportlerinnen und Sportler angeblich im japanischen Osaka erwarten, wo ab morgen die Leichtathletik-Weltmeisterschaften stattfinden. 203 Länder der Welt haben sich zur Teilnahme angemeldet, ein Rekord. Das Wort "Rekord" hat ansonsten manchmal auch einen schlechten Beigeschmack, denn allzu oft war auch schon bei der Leichtathletik Doping ein Thema.

Deutsche Medien übertragen die WM umfassend und ausführlich - obwohl nur die Speerwerferin Christina Obergföll als mögliche Goldgewinnerin gilt. Für Litauen ist ein sicherer Kandidat der Diskuswerfer Virgilijus Alekna.

Im Juni wurde Alekna zu "Europas Leichtathlet des Monats" gewählt, weiß www-leichtathletik.de. Seit zwei Jahren ist Alekna jetzt schon ungeschlagen, notiert die Leichtathletik-Welt respektvoll. Konkurrenz käme vom nördlichen Nachbarn: der Este Gerd Kanter hält die Saison-Bestweite mit 72,02 Metern. Alekna kann aber die Wettkämpfe in diesem Jahr eigentlich in aller Ruhe angehen: er ist bereits zweifacher Weltmeister (2003 und 2005) und Olymipasieger (2000 und 2004). Vor wenigen Wochen in Kaunas trafen Alekna und Kanter aufeinander: Alekna siegte knapp mit 71,56m zu 70,92m.

Wer mehr von Alekna sehen und wissen möchte, kann zum Beispiel folgende Webseiten probieren:

Diskuswurf.Info (Alekna in Zeitlupe!)

WM Osaka 2007 - Wetten auf die Sieger bei "Sport-Community"

Litauische Fotogalerie zu Virgilijus Alekna

Textsammlung zu Alekna bei balsas.lt (Litauisch)

Foto: Alekna und Präsident Valdas Adamkus

Pressemeldung: Virgilijus Alekna wird zum UNESCO Champion for Sport ernannt --- (dazu: UNDP-Aktivitäten in Litauen mit Alekna)

Beitrag von "Lithuania in the world" zu Alekna bei den Olympischen Spielen 2004 (Englisch)

15 August 2007

Litauische Familien - in deutschen Schlagzeilen

Vielleicht gehört es ja noch zu den "Sommerloch"-Themen, vielleicht gehört es auch einfach zur Abteilung "Statistiken sagen immer nur soviel aus, was der Auftraggeber gern hören will." Jedenfalls machen dieser Tage einige deutschsprachige Medien mit dem Thema auf: in Litauen existiert die schwächste Bindung an die Familie in ganz Europa.. Ist das gerechtfertigt?

Zugrunde liegt den aktuellen Presseberichten eine Studie von Paola Giuliano und Alberto Alesina von der Harvard-Universität in den USA, die bereits im April 2007 herausgegeben wurde, sie umfaßt 53 Seiten. Untersucht werden 78 Länder. Einbezogen wurden auch Untersuchungen zur zweiten Generation von Einwanderern in den USA. Zugrunde liegt eine simple These: in Gesellschaften mit starker Familienbindung liegt die Verantwortung für Einkommen und soziale Sicherheit eher in der Familie selbst. Im gegenteiligen Fall liegt die Verantwortung eher beim Arbeitsmarkt und dem Staat. Bei starker Familienbindung nehmen auch weniger Jugendliche und weniger Frauen am Arbeitsleben teil. Dann folgt eine interessante Aussage, die ebenfalls sehr einfach klingt: Familienbindung funktioniert nur dort, wo die Familienmitglieder eng zusammenleben. Hieraus ließen sich für Litauen wie für Deutschland ja erste Schlüsse ziehen: offensichtlich gibt es Gründe, warum Familien nicht mehr geografisch so eng zusammenleben. So muss auch die Untersuchung nach der gewählten Methodik zwangsläufig zu dem Ergebnis kommen: wenig Bindung vorhanden. Aber Vorsicht, Litauer und Deutsche: Auch diese Untersuchung wird uns nicht einreden können, dass wir unsere Familien nicht hoch schätzen. Zumindest für Litauen gilt ja (und das dürfte allen bekannt sein, die Litauen kennen und schätzen): wer momentan anderswo Arbeit sucht, zum Beispiel in Irland oder Großbritannien, der gibt ja damit nicht gleich seine privaten Werte auf.

Die deutschen Medien machen etwas anderes daraus. "In keinem Land der Welt zählt die Familie so wenig wie in Deutschland," schreibt das HANDELSBLATT. "Nur in Litauen sind die familliären Bande noch schwächer." Aus dem Text einer Mitteilung des INFORMATIONSDIENST WISSENSCHAFT könnte man sogar herauslesen, in Litauen und Deutschland sei "fehlender Respekt gegenüber den Eltern" zu konstatieren.
Der WDR schlußfolgert: "Menschen in Ländern mit starker Familienbindung geht es oft finanziell schlechter, sie sind aber oft glücklicher." Und: Familienbindung ist stärker in Süd- als in Nordeuropa.
SZIENZZ meint, Menschen mit starker Familienbindung würden die Frage, ob sie für mehr soziale Sicherheit auch mehr Steuern bezahlen würden, eher mit nein beantworten. Dieses Antwortverhalten wird dann in Beziehung gesetzt zur Familienbindung: "vermutlich deshalb, weil hier die Famile als 'Versicherung' einspringt". VERMUTLICH? Seit wann sind Vermutungen Wissenschaft? Und wie steht es mit der vorangegangenen These, das andersherum ein Schuh draus wird: arme Leute haben eben notgedrungen einen starken Familienzusammenhalt. Allerdings: weil sie bei dieser Befragung angeblich wenig Familienbindung zeigten, sind Litauerinnen oder Litauer auch noch nicht 'automatisch' reich - klar.

SZIENZZ meint auch: "
Der Untersuchung zufolge sind die familiären Bande in ehemals kommunistischen Staaten auch bald zwanzig Jahre nach der 'Wende' immer noch schwächer ausgeprägt als im Westen - Folge der Omnipräsenz staatlicher Regelungen." Gut, aber warum unterscheiden sich dann die Ergebnisse der Studie so zwischen diesen "ehemals kommunistischen Staaten"? In Estland und Lettland zum Beispiel sieht das Bild keineswegs ähnlich wie in Litauen aus (untersucht wurde bis Ende 2006).

Liebe Litauerinnen und Litauer (die ihr vielleicht auf der ganzen Welt zerstreut seid): was denkt ihr?

Übrigens: wer den Bericht von Konstantin Käppner liest, der über die Austauschorganisation "Youth for Understanding" fast im selben Zeitraum ein Jahr in Litauen verbrachte und das Land intensiv kennenlernte, kann sich ebenfalls einen eigenen Eindruck verschaffen. "Ein Volk wie eine große Familie" schreibt Käppner. Na also!

Infos:
"Familie, das Auslaufmodell" - bei Organic Society

"Schlußlicht in Sachen Familie" - bei SCIENZZ

"Familie - wie klappt's bei den Nachbarn?" - im WDR

"In Deutschland und Litauen zählen Familien am wenigsten" - Informationsdienst Wissenschaft IDW

"Zieht das Thema Familie?" - im Handelsblatt

Die Studie: "The power of the family" (Alberto Alesina and Paola Giuliano, Haward University - PDF-Datei)

YFU-Bericht von Konstantin Käppner

08 August 2007

Deutsch-Litauisches Forum mit neuem Webauftritt

Das im Jahr 2006 in Berlin gegründete Deutsch-Litauische Forum (DLF) hat seinen Webauftritt überarbeitet und bietet nun deutschsprachig Informationen zur Arbeit der Organisation an. Damit stehen Interessierten gleich zwei Möglichkeiten offen: auf litauischer Seite kümmert sich das "Lietuvos Vokietijos Forumas" um die Zusammenarbeit, und beruft sich dabei gern auf eine Vereinbarung zwischen dem deutschen Präsidenten Horst Köhler und seinem litauischen Amtskollegen Valdas Adamkus aus dem Jahre 2004.

Auf deutscher Seite leitet Dr. Joachim Tauber (Lüneburg) die Vorstandsarbeit. In Hennef / Sieg ist eine Geschäftsstelle eingerichtet worden - dort ist Frau Hildegund Heinze die Ansprechpartnerin.

Webseite des Deutsch-Litauischen Forums

Deutsch-Litauisches Forum in Litauen

04 August 2007

Segeln in Litauen

Im litauischen Počiunai (bei Prienai, südlich von Kaunas) finden in diesen Tagen die Segel-Europameisterschaften statt. Nach der offiziellen Eröffnungsfeier am 28.Juli erhoffen sich die Teilnehmer zunächst einmal gutes Segelwetter: bis zum 11.August soll die Austragung der verschiedenen Wettbewerbe beendet sein.

Erste Eindrücke, auch neben den offiziellen Wettkampfresultaten, sind von den verschiedenen Berichten der teilnehmenden Segler ersichtlich. Mehrmals musste schon "Regenprogramm" eingeplant werden - touristische Varianten, die Sportler wohl anders sehen als Urlauber.
Aber das es an Essen mangeln könnte? Wer Litauen kennt, muss das für ein Mißverständnis halten. Da schreibt ein deutscher Segler tatsächlich: "
Der litauer Abend war ganz nett. Es gab ein bißchen was zu Essen. Um satt zu werden haben Helge und ich uns allerdings lieber im Bistro versorgt." Mehr als ein Fragezeichen, liebe Segler. Aber wer weiß, ob Segler gewohnt sein könnten, sich für lau auf Kosten anderer den Bauch vollzuschlagen?

Aber keine Sorge: lesen wir bei der Österreichischen Mannschaft weiter - deren Bericht das Essen dankbar erwähnt, und sich lobend über "das köstliche Gebräu" dazu äußern. Bei den "Ösi's" scheint aber auch eine andere Taktik im Spiel zu sein, wie an anderer Stelle zu lesen ist: "
Und damit wir auf keinen Fall schuld sind, wenn morgen das Wetter nicht mitspielt, werden wir heute am Abend alles brav essen, was wir beim Deutsch - Schweizer Teamabend aufgetischt bekommen."
Was die Österreicher langweilt? Das "Regenprogramm". Einziger Kommentar zu einem Besuch in Vilnius: "Leider regnete es auch dort, sodass wir beschlossen, eines der größten Einkaufzentren Osteuropas zu besuchen und waren begeistert. Dieses Zentrum hatte alles zu bieten, was man sich nur vorstellen kann, vom Eislaufplatz über Kino und Bowling, bis zu unglaublich großen Geschäften mit 43 Kassen." Oh, liebe Alpenländler, wie traurig müssen eure Einkaufszentren aussehen, dass ihr nichts schöneres an Litauen findet? Na gut - im Regen können schon mal die Brillengläser beschlagen ...

Weitere Infos und Berichte hier:

Offizielle Seite der Segelflug-EM

Fotos von der Segelflug-EM

Segelflug-Blog von Chris und Thomas Sütterlin (Suetti-story)

Tagesberichte des Deutschen Teams (Aero-Club e.V.)

Tagesberichte vom Team Austria

Bericht bei Newsklick

Prienai im Internet


03 August 2007

Radfahren – in Litauen ein Verbrechen?

Polizei verhaftet mehrere Radfahrer bei Demonstration in Vilnius

Bereits seit über 2 Jahren rollt es auch durch Litauen: „Critical Mass“, eine Spontandemonstration, bei der sich einmal im Monat Radfahrer und Inline-Skater zusammenfinden um friedlich durch die Straßen zu ziehen. Am vergangenen Freitag, den 27. Juli 2007, eskalierte die Situation: Sechs Polizeieinsatzwagen blockierten eine Kreuzung mit dem Zug der rund 100-200 Radfahrer und begannen die Personalien aufzunehmen. Unterschiedlichen Quellen zufolge sollen fünf bis zehn Radfahrer verhaftet und gegen sie Strafanzeige gestellt worden sein.

Es ist schwer verständlich, warum die Polizeibeamten plötzlich – nach über zwei Jahren Toleranz - so einen Übereifer an den Tag legten. Ramūnas Janavičius, Dozent an der Universität Vilnius und Mitstreiter der Öko-Info-Seite www.ekoblogas.info sieht es im Zusammenhang mit der neuen Stadtverwaltung. Auf dem Posten des Bürgermeister der Hauptstadt sitzt Juozas Imbrazas, ein Mann des wegen Landesverrates entmachteten Präsidenten Rolandas Paksas. Seine Partei, ursprünglich „Liberaldemokraten“ in Anlehnung an den russischen Rechtsaußen Wladimir Zhirinowski, nennt seit kurzem nur noch „Ordnung und Gerechtigkeit“.

Die Polizei rechtfertigte sich jedoch mit allgemeinen Kontrollen gegen Motorrad- und Motorrollerfahrer, sowie dass es Beschwerden über die Verkehrbehinderung durch die Radfahrer gegeben hätte. Nach den litauischen Verkehrsregeln dürfen Radfahrer nur auf Radwegen bzw. am äußersten rechten Fahrbahnrand fahren.

Die „Critical Mass“ Demonstrationen begannen weltweit 1992 in San Francisco, USA, um auf die immer stärker bedrängte Situation der nicht motorisierten Verkehrsteilnehmer hin zu weisen und die „die Straße zurückzuerobern“. Formal gibt es keine Organisatoren: Man trifft sich zu einem verabredeten Zeitraum am verabredeten Ort und fährt durch die Stadt. Trotzdem gibt es strenge Verhaltensregeln: Außer dass man eine Richtung der Fahrbahn einnimmt, unternimmt man keine anderen Aktionen. Es ist keine politische Demonstration, die keine anderen Ziele verfolgt, als in einer Auto freundlichen Gesellschaft auf die Anliegen von Radfahrern, Skatern, Fußgängern und anderen hinzuweisen. Aufsehen erregte diese Aktion in Budapest (Ungarn) vergangenes Jahr mit über 40.000 Teilnehmen. Seit 2005 gibt es sie auch in Litauen, in der Zwischenzeit außer in der Hauptstadt Vilnius auch in Kaunas, Šiauliai, Visaginas und Palanga. Der Vilniusser Teilnehmerrekord liegt bei über 300 Teilnehmern. Hier trifft man sich jeden letzten Freitag im Monat um 18 Uhr auf dem Platz der Kathedrale.

Weitere Infos (Litauisch)

Seite der „Critical Mass“, Litauen

http://cm.hardcore.lt/doku.php

Berichte & Nachrichten über die Festnahmen

Radfahren – ein Verbrechen?

http://ekoblogas.wordpress.com/2007/07/29/ar-vaziuoti-dviraciu-nusikaltimas-kritine-mase/

Im Nachrichtenportal Delfi:

http://www.delfi.lt/news/daily/lithuania/article.php?id=13935069

In der Internetzeitung alfa.lt

http://www.alfa.lt/straipsnis/145254

Im Portal der größten Litauischen Tageszeitung „Lietuvos Rytas“

http://lrytas.lt/?data=20070730&id=11857897391183655286&view=4

Beim litauischen nationalen Radio und Fernsehen

http://www.lrt.lt/photo.php?strid=3597374&id=3916385

25 Juli 2007

Wo ist Vidmantas?

Vidmantas Urbonas, 49 Jahre alter Litauer, liebt die Extreme. Selten kann ihm jemand folgen - es sei denn im Hubschrauber, auf dem Motorrad oder in einem Boot. Urbonas war früher Triathlet, Ex-Weltmeister im Ultramarathon wie im Ultra-Triathlon (eine Vervielfachung der Triathlon-Distanz von 3,8km Schwimmen, 180km Radfahren und 42km Laufen). In dieser Woche wird Urbonas versuchen, von Schweden aus die Ostsee schwimmend zu durchqueren. Über den Posten eines Sportamtsleiters hinaus, den er in seinem Heimatort Panevėžys bekleidet, bestätigt Urbonas damit seine Gelüste nach großen symbolischen Aktionen.

Vidmantas schwimmt - aber wohin?
Angekündigt wurde das Event in vielen europäischen Medien. Dass Urbonas angeblich sein extremes Vorhaben zum Anlaß nimmt, um auf die "Verschmutzung der Ostsee" aufmerksam zu machen, wurde allgemein berichtet. Selten bis nie werden dazu jedoch Details erwähnt. Ebenso etwas unklar scheint die Route, die Urbonas zu schwimmen beabsichtigt. Zwar begleiten insgesamt 15 Leute den Schwimmer in drei Beibooten, darunter auch ein Arzt und ein Fernsehteam von CNN, aber Infos zur geplanten Route des Schwimmers werden unterschiedlich wiedergegeben.

"Von Kalmar über Öland und Gotland nach
Panevėžys" - so behauptet es die schwedische Zeitung "Dagens Nyheter".
Etwas konkreter werden da schon Informationen des schwedischen Fernsehens (siehe Karte) -
Quelle hierfür ist immerhin eine von Urbonas und seinem Team selbst verfaßte Projektdarstellung. Zielort wäre demnach der Kurort Palanga in Litauen; die kürzeste Strecke von Gotland bis zum östlichen Festland wäre es aber nicht.
Dementsprechend scheint die dritte berichtete Variante, eine Landung in Pavilosta in Lettland, inzwischen die wahrscheinlichste zu sein. FALLS Urbonas durchkommt: schon auf dem Weg von Öland nach Gotland musste er zunächst wegen zu starker Winde umkehren, und erreichte Gotland erst im zweiten Versuch. Seit heute ist der schwierigste Teil der Strecke angebrochen: die noch etwa 145km lange Strecke von Gotland bis Pavilosta - das bedeutet nur 2 Stunden Schlaf pro Tag (im Beiboot), etwa eine Woche lang Dauerschwimmen.

Rekorde im Visier - Gesundheitschäden nicht ausgeschlossen

Die Lust am Extremen ist für Urbonas nicht ungefährlich. 1999 zog er sich einen Leberschaden zu, als er den Nemunas 460km innhalb von 8 Tagen hinuntergeschwommen war (10km pro Tag). 2006 wollte er von Frankreich 33km weit rüber nach England schwimmen, musste aber wegen hohen Wellengangs aufgeben (siehe Reuters 14.7.07). Auch damals war das Dauerschwimmen Teil einer größeren Kampagne: Urbonas wollte Unterschriftenlisten von Litauen bis nach Island bringen, mit denen sich Zehntausende Litauer für die Anerkennung der litauischen Unabhängigkeit durch Island bedanken wollten.

Bericht des schwedischen Fernsehens (schwedisch)

Blog von
Ruslanas Iržikevičius mit Foto des schwimmenden Vidmantas Urbonas (engl)

Berichterstattung bei DELFI.LT (litauisch)

Bericht Olandsbladet (schwedisch, Öland)

Infos der Stadt Kalmar (schwedisch)

Vorbericht Agentur REUTERS (engl.)

Bericht TVNET / LETA (lettisch)

Litauische Ostseeschutzinitiative (Text auch in Deutsch)


Aktuelle Infos der schwedischen Botschaft in Vilnius zu Urbonas (engl.)

Kontakt zum Management von Vidmantas Urbonas, der Firma ACTIONFIELD

10 Juli 2007

Auf der Suche nach positiven Schlagzeilen

Macht Litauen Schlagzeilen? Vielleicht würden es sich Litauerinnen und Litauer gerne wünschen. Aber abgesehen davon, dass es vielleicht nicht immer gut ist, Aufsehen zu erzeugen: etwas mehr positive Presse wäre Litauen zu wünschen.

"Polnische Hooligans zerstören Fußballstadien in Litauen" - nein, dass kann das erwünschte Presseecho kaum sein (News4Press, 9.7.07). Polnisch-litauische Agressionen kann kein Wiederaufleben gewünscht werden, und finden in Litauen eigentlich auch keinen Widerhall. Wer "Spaß" an Gewalt hat, findet immer einen Anlaß. "Schande für den polnischcn Fußball" zitiert POLSKAWEB denn auch die eigene polnische Presse, auch im Hinblick auf die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen.

"Bordeaux-Wein nun auch aus Litauen?" Auch dieser Schreckensruf in der Presse Österreichs kommt Litauen kaum zu Gute (Die Presse / VOL 4.7.07). Gemeint ist damit eigentlich die europäische Reform des Weinmarktes - wobei gerade den Österreichern besonders auffiel, dass theoretisch nun Spitzenweine aus Frankreich auch nach Litauen zum Abfüllen geschickt werden dürfen, ganz legal. Wein aus Litauen - es wäre eine Premiere. Aber für was steht da "Litauen"? Warum kein anderes Land als Beispiel? Eine kathegorische Weigerung, Litauen könnte auch nur theoretisch irgendwo Vorbild oder Vorreiter sein? Wein als Symbol für andere Ängste? Es ist keine Liebe, die da durch den Magen geht.

Litauen baut neues Atomkraftwerk - ob nun gerade diese energiepolitischen Schlagzeilen viel mehr Begeisterung für Litauen erreichen können, darf wohl auch eher bezweifelt werden. "Litauen wirft EU mangelnde Solidarität in energiepolitischen Fragen vor", derartiges war noch vor kurzem in der internationalen Presse zu lesen (siehe z.B. Financial Times). Wie auch, wenn sich Litauens Politiker jahrelang weigern, ein völlig marodes und nur mit internationalen Geldern notdürftig gesichertes AKW endlich abzuschalten, jahrelang weder einen Gedanken verschwenden an ökologisch optimalere Alternativen (geschweige denn auch nur einen Finger krumm machen dafür) - und dann aber plötzlich mit solchen Verbeugungen vor den Gelüsten der global verzweigten Atomindustrie daher kommen? Klar, Litauens Problem mit der 80%igen Abhngigkeit von der Atomenergie muss gelöst werden. Aber das "Wie" prägt hier auch das Echo. Da kann man natürlich prima lamentieren, "diese Ausländer im Westen" würden natürlich die litauischen Interessen nicht verstehen können. Klar. Es gibt aber auch gemeinsame Interessen, liebe Litauer.

Kaczynski ließ Vertragsabschluss in Litauen platzen: nur gut, da es vorerst wiederum die polnische Karte ist, die für Litauen nicht sticht (siehe Hannes Gamillscheg in DIE PRESSE, 6.7.07, oder auch BALTIC TIMES). Nun kann Kaczynski in diesem Fall nun mal auch nicht so einfach "seinen Bruder schicken" (wie er es mit der EU machte, und diese dann an seinen Marionettenfäden zu halten können glaubte). Die polnische Regierungskrise sei davor. Vielleicht findet Litauen einen zweiten Adamkus, am besten einen Zwillingsbruder, der als Marketingchef im Ausland Litauen repräsentieren könnte?

Und noch eine Schlagzeile: VATTENFALL interessiert am Bau des neuen Atomkraftwerks in Litauen. (Financial Times). Na, ob das nicht - nach dem rapiden Vertrauensverfall gerade dieses Energiekonzerns im Zusammenhang mit dem Unfall von Brunsbüttel - schon wieder ein Schlag zu Ungunsten angeblicher litauischer Interessen sein könnte?

Na gut, die meisten deutschen Touristen fahren trotzdem auf die Kurische Nehrung. Und lassen den "Rest Litauens" irgendwo rechts oder links liegen. Oder fahren durch, und merken offensichtlich nicht, was es noch an wirklichen litauischen Interessen, Themen und Belangen geben könnte. Oder keiner schreibt darüber. Abgesehen wiederum von der Tourismuswerbung. Aber ist das Litauen?

27 Juni 2007

Das Dorf wohnt in der Stadt

Darstellung des „Wilna-Bauern“

Schon deslängeren gibt es in Litauen die Diskussion über die “zwei Litauen”, vor allem um Stadt und Land. In seiner Juni-Ausgabe nimmt sich nun das Vilniusser Szene-Magazin “PRAVDA” www.pravda.lt dem Thema “Dorf” an. Und zeigt auf der letzten Seite den “Agrovilnietis Miesto Jurgis”, also etwas den “Wilna-Bauern Stadt-Schorsch”.

Immer noch schlägt das Bauernherz im Stadtbewohner, möge sich auch der Verkehr stauen, er im X-ten Stock eines gläsernen Hochhauses arbeiten und kein Basketballspiel seiner Lieblingsmannschaft verpassen.

Zitat: “Vom bezaubernden kleinen Dorfbewohner, dem der Lauf der Geschichte den Spitznamen “Rübe” verliehen hat, unterscheidet der Wilna-Bauer durch soziale Schizophrenie. Er ist ein rechter Provinz-Bure und stolz drauf, so wie auf Felder, Kleinviech und seine eigenhändig groß gezogenen Radieschen. Trotzdem glaubt Stadt-Schorsch, dass er sich nach 30 Jahren im Beton seiner vier Wände Repräsentant einer Metropole nennen kann, obwohl er sich im Herzen nur um die Schnappsbrennerei sorgt, die er sich in seiner Garage gebastelt hat.“

Charakteristika

  1. Religiös, aber doof.
  2. Trinkt gerne „mal `nen kleinen“...
  3. Stolzer Eigentümer einer Datscha, denn ohne Finger im Mutterboden fühlt er sich „wie amputiert“
  4. Widerspricht jeglicher sprachlichen Öknomie indem der Namen durch Verkleinerungsformen konsequent verlängert, z.B. die „Raimondchens, “Algirdilein“, „Leonchileinchen“
  5. Die Sätze beginnen mit dem sinnlosen „Shita“ (So...)
  6. Stadt-Schorsch ist Entwicklungs-Egon vom Dorfe, besonders in Beziehungen zu Frauen. Nach dem Fund von dreckigem Geschirr bringt er es sofort zur Mutti. Niemals würde er Essen machen. Spült nicht, kann aber hervorragend Dreck machen.
  7. Urlaub macht er im subtilen Kurort Palanga
  8. Geht in den Fastfoodableger „Chili Dorf“, dass speziell zur Nahrungsabnahme des Wilna-Bauern gegründet wurde.
  9. Bietet seinen Arbeitskollegen selbst sauer eingelegte Gurken an.
  10. Riecht als ob er selbst sauer eingelegt wäre
  11. Dem Wilna-Bauern haftet eine tierische Angst vorm Atomkrieg an. Wenn Ihr noch der Meinung seit, solchen eine Krieg wird’s nicht geben, dann besucht ihn in seinem Schuppen.
    Allein die Anzahl der Gläser „Eingelegte Beeren“ lässt Euch ernsthaft Sorgen um den Weltfrieden machen.
  12. Homophob. Er ist davon überzeugt, dass Werbung für die Menschenrechte für andere sexuelle Orientierungen zum Zusammenbruch seiner Familie führt.
  13. Geht nicht wählen. Aber wenn, dann wählt er na-Ihr-wisst-schon-wen...
  14. Macht den Löwenanteil der abendlichen Fernsehzuschauer aus.
    In seinem Handschuhfach stapeln sich „Popstars“- und „DSDS“-CDs
  15. Beim Küssen zieht er die Unterlippe zurück.“

Orginaltext: Carlo Mandrake

Bild: Rikka

Homepage der Zeitschrift “Pravda” (dort kann sich unten rechts auch die aktuelle Nummer als PDF-Datei herunterladen)

www.pravda.lt

Digitales Informationsprojekt für ländliche Gemeinden (mit kurzer Darstellung auch auf Englisch)

http://bendruomenes.lt/

25 Juni 2007

Schweizer streiten über Litauen

Litauen ist gegenwärtig selten in den Schlagzeilen der deutschsprachigen Presse. In Litauen werden keine Denkmäler spektakulär versetzt (sie sind längst versammelt im Grutas Parkas), nicht einmal Präsidenten oder Parlamente werden momentan gewählt. Da mutet es seltsam an, dass ausgerechnet in der so beschaulich anmutenden Schweiz neuerdings Litauen zum Zankapfel wird. Wie konnte das geschehen?

Neben den scheinbar unvermeidlichen Geschichten von abgefahrenen Reifen litauischer LKWs auf deutschen Autobahnen ist es eher die deutsche Regional- und Provinzpresse, die sich für litauische Themen interessiert. Meist sind Besuche von Gastgruppen oder Partnerschaften der Hintergrund. "Folkloristisch und romantisch" nennt das "Wiesbadener Tagblatt" den Auftritt des litauischen Chors VARPELIS in der hessischen Hauptstadt. "Die höchste Erhebung in Litauen beträgt 250 Meter," weiß inzwischen auch der Wolfenbütteler Bürgermeister Thomas Pink, der Gäste aus Sakiai empfing. "In Litauen gibt es keinen Bergbau", fügt die Berichterstatterin bei "Newsklick" hinzu. Da könnte man staunen, dass es in der deutschen Presse überhaupt eine Meldung wert ist.
Berichtet wird natürlich dann, wenn Deutsche für Litauen spenden. Ob in Bocholt ein Rettungswagen für Akmene, in Michelstadt die Ausrüstung für ein Altersheim in Lauksargiai, in Lemgo ein Krankentransportwagen für Kaunas, oder in Schrobenhausen die Hilfe für ein Behindertenheim ebenfalls in Kaunas.

Was finden nun aber die Schweizer so aufregend?

Kennen Sie Frank A. Meyer? Nein? Ich bisher auch nicht. Wollen wir vorsichtig sein, vielleicht ist er ja auf der Finanzinsel Schweiz ein gefürchteter Wirtschaftsreformer. Kennen sie "BLICK"? Ja richtig, es soll so etwas wie das Gegenstück zur deutschen BILD sein. Oder? Frank A. Meyer können sie hier im Großfoto erleben. Frank A. Meyer überrascht uns mit der These, Litauen sei "erst vor kurzem befreit" worden (Sonntags-BLICK, 23.6.2007). Befreit? Von den Schweizern, der Schweizer Garde, oder dem Schweizer Käse?
Nein, nichts davon - von "Äpfeln und Birnen" meint Herr Meyer hier reden zu müssen. Zitiert wird eine Studie der Beratungsgesellschaft KPMG, der zufolge das Steuerniveau Litauens mit dem Schweizer Kanton Obwalden verglichen worden sein soll. "Litauen als Vorbild für die Schweiz?"
Nun, man könnte Herrn M. granteln lassen; wir erinnern uns dunkel, dass die Birnen im Schweizer Bergland sowieso recht winzig ausfallen - sonst könnte auch nicht ein so gehaltvollers Wässerchen daraus gebrannt werden. Warum also aufregen?
Besser stellen wir keine weiteren Spekulationen darüber an, was Herr M. noch alles "befreien" möchte.

Damit noch nicht genug. Auch im beschaulichen Obwalden gibt es vereinzelte Blogger, wie etwa "obwaldner blog". Aufgemacht mit dem schönen Spruch:
"Wer das Böse ohne Widerspruch hinnimmt, arbeitet in Wirklichkeit mit ihm zusammen." Martin Luther King (1929-1968).
Tja, nun wurde aber der Beitrag aus der BLICK hier kommentarlos wiedergegeben. Trotz einer schönen Illustration (siehe oben) leider kein Beweis eigener Intelligenz. Kein Nachweis, dass diese Sonntagsschweizer je in Litauen waren. Und auch leider keine Antwort auf die Frage, wer denn nun Litauen "befreit" haben soll .... :-(

15 Mai 2007

Chaos statt Kultur - Team der Kulturhauptstadt Europas 2009 tritt zurück

Es hatte schon länger rumort als am 15. Mai um 11 Uhr die Bombe platzte: Nach der Programmdirektorin Elona Bajorinienė trat auch Rūta Vanagaitė, die ausführende Leiterin der Öffentlichen Gesellschaft "Vilnius - Kulturhauptstadt Europas 2009" zurück. Beide protestierten damit gegen die mangelnden Führungsqualitäten der Generaldirektorin Giedrė Kabašinskienė, die damit alleine im Führungsgremium der Gesellschaft sitzt. Auch die am Dienstag morgen hektisch zusammengerufene Krisensitzung im Kultusministerium brachte keine Lösung. Rūta Vanagaitė forderte öffentlich im Radio eine neue Leitung des Prestige trächtigen Projektes.

Wie immer haben die Litauer spät mit ernsthaften Vorbereitungen begonnen. Das geplante Budget von 80 Mio. Litas (rund 23 Mio. Euro) nimmt sich im Vergleich zu den 60 Mio. Euro von Linz in Österreich, der zweiten Kulturhauptstadt Europas 2009, eher bescheiden aus. Bei den Litauern gibt es ein Sammelsurium von 130 Projekten. Die Direktorin trat schon mal im staatlichen Radio auf und ließ sich von anrufenden Rentnern belehren, dass Litauen sich mit Volksmusik und Mittelaltergeschichte und nicht mit irgendwelchem bunten "Lärm" darstellen solle.
Zu den wenigen bis jetzt sichtbaren Aktionen der zukünftigen Kulturhauptstadt zählen: Bilder von berühmten Komponisten auf öffentlichen Bussen und ein Straßenmusikfest, das allerdings von einem der berühmtesten litauischen Poprock-Musiker, Andrius Mamontovas, organisiert wurde.
Es ist also nicht verwunderlich, dass der Generaldirektorin
Führungsschwäche vorgeworfen wird. Als ihre einzige bedeutende Berufserfahrung gilt ihre vorherige Arbeit als als Kulturataché in Frankreich.
Der Kulturminister indes stellte sich demonstativ hinter die Direktorin und tat die Kritik als "persönliche Ambitionen" ab. Unter Kulturschaffenden hingegen wird das ganze staatlich organisierte Programm wiederrum als bürokratisches Monstrum kritisiert, von denen wie immer nur wenige profitieren.

Offizielle Seite "Culture Life 09"
Nachricht von www.delfi.lt
Straßenmusikprojekt von Andrius Mamontovas

08 Mai 2007

Chor ist eine Lebensschule

"Chor ist eine Lebensschule" - so zitiert das Wiesbadener Tagblatt Chorleiter Roman Twardy in der aktuellen Anküdigung der Konzerte des Knabenchores Wiesbaden für den 12.Mai und 3.Juni 2007.
Kurz vor Ostern 2007 war der Chor bei Partnerchören in Litauen zu Gast: in Kaunas, Šiauliai und Klaipeda. Ein ausführlicher Reisebericht ist jetzt im Internet nachzulesen.

Links zum Thema:

Wiesbadener Knabenchor, Infos zu den Gastchören aus Litauen

Konzertankündigungen

Reisebericht Litauen 2007

Partnerchöre:
VARPELIS (Kaunas)
Dagilėlis – (Šiauliai)
Gintarėlis – (Klaipeda)

07 Mai 2007

DGB: Vorbild Litauen?

Bei der Familienförderung lohne ein Blich nach Litauen - so äusserten sich kürzlich Vertreter/innen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) gegenüber der Nachrichtenagentur DPA (nachzulesen bei MV Regio).

Lisanne Straka vom DGB- Projekt Work-Life-Balance im Ostseeraum sagt es dort so: "In Litauen bekommen beispielsweise Eltern in der Elternzeit im ersten Lebensjahr ihres Kindes 85 Prozent ihres Lohnes weiter gezahlt, ab Mitte des Jahres soll dieses Elterngeld für das erste halbe Jahr sogar auf 100 Prozent angehoben werden."

Litauen sei stark von Auswanderung von Fachkräften betroffen, so hat es der DGB erkannt. Deshalb gäbe es auch Kündigungsschutz für Ehepaar bis zum 4.Lebensjahr ihres Kindes.

Kulturhauptstädte machen Europa

Am 24.-26.April 2007 fand in Essen die dritte gemeinsame Tagung der aktuellen und zukünftigen Kulturhauptstädte statt. Erstmals wurde eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, deren Wortlaut auf jetzt auf der Webseite "Kultur macht Europa" nachzulesen ist.
Gleich zwei Städte aus den baltischen Staaten haben bei der Erklärung mitgewirkt: Außer Liverpool und Stavanger (Kulturhauptstädte 2008), Essen, Pécs, und Istanbul (2010), auch Linz und Vilnius für 2009 und Turku und Tallinn (2011 ).

Betont wird unter anderem, dass:
- über die Rolle der Kultur in der urbanen Gesellschaft neu nachgedacht werden soll
- eine nachhaltige Erneuerung der Kulturpolitik angestrebt wird,
- eine Balance der Betonung von Lokalem und Europäischen versucht werden soll, und
- Veränderungen im Zuge der Globalisierung und Digitalisierung nicht mehr aufzuhalten seien, und daher der kreative Sektor vorangebracht werden muss, auch indem man voneinander lernt.


Am 7. und 8.Juni findet in Berlin der Kongreß "Kultur macht Europa" statt. (das Programm dazu findet sich
HIER)

Unterdessen trafen sich der litauische Ministerpräsident Gedeminas Kirkilas und der österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer in Wien zu Gesprächen zur wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit beider Länder (siehe auch: Österreich-Journal). Die Perspektive ist auch hier auf die beiden Kulturhauptstädte Linz und Vilnius im Jahr 2009 ausgerichtet.

Österreich würde in Litauen vor allem wegen seiner Literatur und seiner Musik geschätzt, so zitiert das Österreich-Journal. Die Berge, die Berge, wo aber bleiben die Berge? Außer der landschaftlichen Schönheit hängen für die Litauer damit ja wohl auch noch ein paar Arbeitsplätze in der Gastrowirtschaft er Alpen damit zusammen, oder?

19 April 2007

Weiches Herz oder faule Haut

Nothlfe leisten, oder kaufen und genießen - so stark die sozialen Verhältnisse in Litauen auseinandergehen, so stark unterscheidet sich auch das Verhältnis vieler Deutscher zum Litauen von heute. Berichte aus vielen Einzelregionen Deutschlands bezeugen, dass vor allen Dingen auf dem Lande die Not sozialer Einrichtungen, sozial benachteiligter Gruppen, oder ganz einfach alter und kranker Menschen nach wie vor sehr groß ist. Lastwagenweise werden Spenden gesammelt, und diejenigen, die aus Deutschland zu ihren Projektpartnern in Litauen fahren, können auch eindrucksvoll erzählen, wie sehr die Hilfe bei den Empfängern in Litauen gebraucht wird. Auf der anderen Seite versucht Litauen sich als Urlaubsland attraktiv zu machen, und hier dominieren Argumente, die teilweise aus einer ganz anderen Welt zu kommen scheinen.

"In Litauen wird ihre Reisekasse wenig beansprucht," so meldete am 18.4.07 der Bundesverband deutscher Banken. Eine anschauliche Tabelle vereinfacht die vergleichenden Untersuchungen der Banken zur Kaufkraft des Euro in verschiedenen europäischen Ländern: während Deutsche in Großbritannien, Dänemark, Frankreich oder der Schweiz vergleichsweise wenig für den Euro erhalten können, ist die Kaufkraft in Polen und Litauen am höchsten. "Also nichts wie auf nach Litauen!" So könnte es da doch heißen. Doch besteht das südliche der baltischen Länder nun mal nicht nur aus der Kurischen Nehrung und der kommenden Kulturhauptstadt Vilnius.
"Es gibt immer Schönes und Interessantes, aber auch Nachdenkliches und Trauriges zu berichten, wenn ich nach Litauen fahre." So sieht es Ulla Amsler, Vorsitzende des Freundschaftsvereins "Hilfe für Plunge" in Menden (NRW). Die Mendener möchten ganz bewußt regionale Entwicklung unterstützten - Plunge liegt fern der litauischen Hauptstadt Vilnius, und die Kenntnisse vieler Deutscher über Litauen scheinen sich manchmal nur auf die Kurische Nehrung zu beschränken. Schließlich erreichen viele Touristen Vilnius per Flugzeug, während von der Hafenstadt Klaipeda aus der Weg zur Kurischen Nehrung kaum das übrige Litauen berührt.

So schwanken auch die Mendener zwischen der Begeisterung für die Herzlichkeit und Gastfreundschaft der Litauer, der sehenswerten Naturlandschaften, dem reichhaltigen Kulturleben - und der sozial sehr unausgewogenen Entwicklung im Partnerland. Aber es werden nicht nur Kleider gesammelt und gebrauchte Instrumente abgegeben: der Aufbau eines Kulturzentrums in Plunge wird aktiv unterstützt, und neue, medizinische Einrichtungen könnten ja auch für Deutsche nutzbar sein, meint Frau Amsler.
"Ich habe mir die medizinischen Angebote zum Beispiel in Reha-Kliniken in Palanga angesehen, die haben mir sehr gut gefallen," meint die engagierte Mendenerin, die Litauen gern auch als ihre "zweite Heimat" bezeichnet. "Das könnte doch auch für Deutsche, die eine Kur machen wollen, mal ein Tipp sein."
"Wir in Deutschland sind in der glücklichen Lage wirtschaftlich besser zu leben und können daher leichter materiell und finanziell unterstützen. - Die Litauer lassen uns an ihrer überaus reichen Musik und an ihrer sehr vielfältigen Kunst teilnehmen, am wichtigsten jedoch sind uns die vielen privaten Freundschaften."

Auch andere private Kontakte sind in den letzten Jahren zwischen Deutschland und Litauen entstanden. So berichtet Karen Schewina regelmäßig per eigenem Blog und Berichten in der örtlichen Tageszeitung ihrem Heimatort Bad Kreuznach von ihrem Litauen-Aufenthalt.
Rein auf den sozialen Hilfsgedanken konzentriert meldet auch die "Spargelstadt" Schrobenhausen (bei Augsburg) regelmäßige Kontakte durch die "Kinderhilfe Litauen". Ähnliches organisiert die Ökumenische Hilfe in Neunkirchen-Seelscheid (Bergisches Land) mit LKW-Ladungen voller Hilfmittel für Krankenhäuser, Altenheime und Kinderkliniken.
Auch Fläming und Havelland in Brandenburg unterstützen soziale Einrichtungen in Litauen, ebenso wie aus Aurich in Ostfriesland.
Diese zuletzt genannten Projekte beschränken sich in ihrer Öffentlichkeitsarbeit aber offensichtlich auf die Betonung der Hilfsbedürftigkeit ihrer Partner.

Aus Wolfenbüttel dagegen sind Erfahrungen aus einem Schüleraustausch zu vernehmen. "Die Schüler sind hier viel selbstbewußter," stellen litauische Gäste fest, die zur Vorbereitung der Reise offenbar von der Tatsache profitieren, dass deutsche Filme im litauischen Fernsehen im Original mit Untertiteln laufen. Vielleicht wird hier auf die sich natürlich entwickelnden Kontakte der jungen Generation gesetzt?
Auch das Gymnasium Münchberg in Franken pflegt einen regelmäßigen Schüleraustausch. "Wer hat Mut?" fragte dort Lehrer Gerhard Ströhla seine Schülerinnen und Schüler, und so knüpften 12 unternehmundslustige junge Leute im Jahr 2000 bereits die ersten Kontakte. "Von den Litauern haben wir Gastfreundschaft und Herzlichkeit gelernt," so Ströhla heute.

Vom persönlichen Kennenlernen zwischen einer Litauerin und einem Deutschen erzählt Laima Schrödel in der Frankenpost, und stellt gleichzeitig fest: "von der EU bekommt auch Litauen Geld für neue Projekte." Sie lobt vor allem den Straßenbau, ein Charakterzug, der bei vielen Litauern in Deutschland festzustellen ist.
Es bleibt zu hoffen, dass Kontakte zwischen beiden Ländern noch ein Stück normaler werden, und sich weder wegen sozialer Hilfe noch für sein Bedürfnis, im Sommer mal nur die schöne Landschaft zu genießen und auf der faulen Haut zu liegen in Zukunft jemand zu schämen braucht.

Presseberichte im Internet:
Pressemitteilung des Bundesverbandes Deutscher Banken
Verein "Hilfe für Plunge e.V."
Blog Karen Schewina "Im Osten was Neues"
Bericht Karen Schewina in der Allgemeinen Zeitung / Rhein-Main-Presse
Bericht DONAUKURIER zur Kinderhilfe Schrobenhausen
Bericht zur Hilfaktion in Neunkirchen-Seelscheid
Bericht der Märkischen Allgemeine zum Hilfstranport nach Litauen
Bericht der Ostfriesischen Nachrichten zu den von Aurich unterstützten Projekten
Bericht zum Schüleraustausch des Gymnasiums Wolfenbüttel
Bericht zum Schüleraustausch in Münchberg
Laima Schrödel: von Litauen nach Rehau