12 Oktober 2011

Čiurlionis erobert Bremen - für einen Tag

Wer Litauen kennt, der wird auch von der großen Hochachtung erfahren haben, die Leben und Werk von Mikolajus Konstantinas Čiurlionis (geb. 1875, gest. 1911) entgegengebracht wird. Er war sowohl Komponist wie Maler, und steht ebenso wie Czesław Miłosz für Menschen, die aufgrund mehrfach geänderter politischer Verhältnisse sich zwischen einzelnen Volksgruppen, Sprachen und Staaten bewegten. 
Einzelheiten dazu werden selten in Deutschland dargeboten - das momentan auf Usedom stattfindende Musikfestival ist da eine löbliche Ausnahme. Für Bremen stellt der Rahmen des Projekts "KunstMachtOsteuropa" die Möglichkeit dar, dass sich mehrere Institutionen und Vereine zusammentun konnten, um Zusammenhänge und Unterschiede polnisch-litauischer Kultur- und Geistesgeschichte einmal ausführlicher fürs interessierte allgemeine Publikum anbieten zu können. 
Die Koordination des Projekts lag bei der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen, einer Einrichtung, für die zumindest die Beschäftigung mit den baltischen Staaten einen seltener Ausnahmefall darstellt. 

Für diesen einen Tag aber - den 9.Oktober 2011 - erschien Bremen fast als eine Hochburg der Čiurlionis-Fans: zu einem Vortrag am Nachmittag erschienen 50, und zum Konzert von Rokas Zubovas aus Litauen, einem Urenkel des Komponisten Čiurlionis, fanden sich noch einmal 70 interessierte Zuhörer ein. 
Noch bis Ende November wird in den Räumen der Stadtwaage, wo gleichzeitig sich das Medienarchiv der Günther-Grass-Stiftung Bremen befindet, eine Ausstellung über Leben und Werk von Čiurlionis und Miłosz gezeigt. Der Eintritt ist frei. 

Als vorläufiges Resumee kann vielleicht gesagt werden, dass aufgrund der nun entstandenen Kontakte zwischen verschiedenen Institutionen es hoffentlich auch in Zukunft noch einmal möglich sein wird, wichtige Themen des litauischen Kulturlebens in Bremen zu präsentieren und gleichzeitig wissenschaftlich aufzuarbeiten. 
Vermisst wurde lediglich der Verweis auf einen anderen international bekannten Bremer Künstler: Nikolaus Lahusen. Zubovas sagte einmal dem Goethe-Institut in Vilnius über seinen Pianisten-Kollegen Lahusen folgendes: "Das für mich wohl bedeutendste gemeinsame Projekt war der Besuch des deutschen Pianisten Nikolaus Lahusen in Litauen im Februar 2005. Er gab drei Konzerte und traf sich mit dem Publikum in Plungė, Kaunas und Vilnius. Nikolaus Lahusen hatte zu dem Zeitpunkt Klavierwerke von M. K. Čiurlionis auf eine dritte CD eingespielt. Die Platte wurde präsentiert, es wurde über Zukunftspläne gesprochen. Leider war es die letzte Reise dieses Pianisten, der ein großer Freund Litauens und der Musik von Čiurlionis war: Im Mai desselben Jahres ist der Pianist plötzlich gestorben. Die mit Hilfe des Goethe-Instituts veranstaltete Reise von Nikolaus Lahusen war somit ein Treffen, das seinen Schaffensweg symbolisch zusammengefasst hatte." In Bremen blieb dies leider unerwähnt - wie so manches, was Bremerinnen und Bremer im Zusammenhang mit Litauen tun. Aber wie gesagt: es besteht die Hoffnung, dass sich das in Zukunft ändert.

04 Oktober 2011

Nobel, nobel, Herr Bürgermeister!

In diesen heutigen, modernen Zeiten ist nicht alles wie es zu sein scheint. Oder werden alle Ereignisse der großen Medien irgendwo gespiegelt und kopiert? Es steht zu befürchten, dass auch in deutschen Kinderzimmern schon "Deutschland sucht den Superstar" nachgespielt wird.

In diesen Tagen werden, traditionsgemäß seit 1901, die Träger der Nobel-Preise verkündet. Aus litauischer Sicht muss hier Czeslaw Milosz vor allem erwähnt werden, Literaturnobelopreisträger 1980. Auch wenn Milosz international als Pole vielleicht mehr bekannt ist als Litauer - wer seine mit dem Nobelpreis zusammenhängenden Reden liest oder sich anhört, wird auch litauische Bezüge erkennen. Vielleicht wäre ein litauischer Bezug sogar noch Nadine Gordimer, Nobelpreisträgerin 1991, mit ihrem litauischen Vater.

Seit 1980 gibt es auch den sogenannten "alternativen Nobelpreis", eigentlich "Right Livelihood Award". Für alle, die vielleicht Nobelpreise als etwas zu sehr auf Etablierte und im Sinne von Macht- und Einflußhabern Denkende verstehen, die können hier auf Neuausrichtung hoffen und auf Prämierung ungewöhlicherer, aber für die Menschheit ebenso wichtiger Ideen und Aktivitäten. Allerdings ist dieser Preis auch wieder nicht so unterschiedlich, denn auch hier kommen Idee und Geld aus Nordeuropa (Schweden). Seit 1980 gelangte noch kein Vertreter der baltischen Staaten auch nur in die Nähe diesen Preis zu bekommen.

Weitere Versuche, dem Nobelpreis (mit den unterschiedlichsten Motiven) etwas entgegenzusetzen, wollen wir an dieser Stelle lieber verschweigen; sowohl Hitler wie auch das Sowjetsystem haben es kurzfristig mal versucht, weil ihnen die Nobelpreisträger nicht so recht passten. Auch China hat - seit der Friedensnobelpreis 2010 an einen chinesischen Regimekritiker vergeben wurde, in der Folge schnell einen eigenen Preis geschaffen. Aber wer kennt den IG-Nobelpreis? Nein, das hat nichts mit irgendwelchen Gewerkschaftsgliederungen zu tun, das kommt aus den USA. Vielleicht sollten wir es auch in erster Linie dem britischen Humor zurechnen, denn dieser Preis, der in deutschen Medien gerne "Preis für unsinnige Erfindungen" genannt wird, den definieren die Urheber der Universität von Cambridge so: "Für Menschen, die andere erst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringen." Und hier kommt nun Litauen ins Spiel. Der IG Nobelpreis 2011 in der Kathegorie "Frieden" wird verliehen an - nein, nicht an eine prominente Figur der litauischen Unabhängigkeitsbewegung, oder jemand der sich für die Aussöhnung mit Russland bzw. dem Dialog mit anderen Staaten Mitteleuropas verdient gemacht hätte. Es ist Arturas Zuokas, seines Zeichens Bürgermeister von Vilnius. Den Preis bekommt er für, wörtlich zitiert: "Für den Nachweis, dass das Problem falsch geparkter Luxusautos gelöst werden kann dadurch, dass man diese mit einem Panzerwagen überrollt."

Filmchen dieser Aktion können ja im Internet genug angesehen werden. Vielleicht sollte die nächste Kathogorie von Nobelpreisen auch für besonders auffällige Versuche der Eigenprofilierung unter Vorschützens politischer oder fachlicher Ziele verliehen werden. Nur so ein Vorschlag.