22 September 2007

Mit Ivanauskas aus dem Keller

Ein Trainerwechsel beim FC Carl Zeiss Jena, Tabellenletzter der 2.Liga, ist eigentlich nichts Besonderes. Auch den beiden "Ostklubs" der Fußball-Bundesliga geht es im Moment nicht besonders gut: Rostock und Cottbus sind die Schlußlichter der Liga. Ein glückloses Jahr für Fußballfans im Osten Deutschlands?

Da taucht ein Name wieder auf, der für viele in Deutschlands der erste bekannte Sportler aus dem kleinen baltischen Land war, das 1991 wieder unabhängig wurde: Valdas Ivanauskas. Zwischen 1993 und 97 spielte er 91mal für den Hamburger SV in der Bundesliga, davor bei Austria Wien. Beim Abgang vom HSV machte er nur noch kurz Schlagzeilen, als er zum Vfl Wolfsburg wechseln wollte, wogegen aber seine Frau energisch Einspruch erhob. Wolfsburg als langweilige Stadt, in der man nicht leben könne? Da war auch der überwiegende Rest Fußballdeutschlands damals solidarisch beleidigt. 1999/2000 spielte Ivanauskas dann noch einmal in Deutschland, beim SV Wilhelmshaven, mit dem er aus der Regionalliga Nord abstieg.

23mal spielte Ivanauskas für Litauen, davor bereits 4mal für die UdSSR. Als Ivanauskas im November 1990 zu Austria Wien kam, musste der Transfer noch über Lok Moskau abgewickelt werden (mit einigen Millionen Schilling als Dankeschön). In seiner Zeit in Wien schoß Ivanauskas einmal das "Tor des Jahres" in Österreich. Viermal war er Litauens Fußballer des Jahres. 2002 machte "Ivan der Schreckliche" seinen Trainerschein an der Deutschen Sporthochschule Köln, arbeitete 2003 als Co-Trainer der litauischen Nationalmannschaft während der Qualifikation für die Fußball-Europameisterschaft 2004 in Portugal. In Litauen trat er mehrfach als Sponsor des Fußballnachwuchses auf.

Eine schöne Geschichte schrieb "Sport1" in Österreich einmal über den angeblich so "unbeherrschten" Stürmer. In einem Spiel gegen St.Pölten sei er wegen Beleidigung des Linienrichters des Feldes verwiesen worden. "Blöde Sau" hatte der Unparteiische behauptet gehört zu haben, während Ivanauskas es so darstellte, auf Litauisch "nieko sau" gesagt zu haben, und das bedeute eben nur "was ist los?"

Als Vereinstrainer arbeitete Ivanauskas in der Saison 2004/05 beim FBK Kaunas in Litauen und wurde anschließend Trainer in Schottland bei Heart of Midlothian. "Die Litauer kommen," schrieben im Januar 2005 auch deutsche Medien, nachdem ein gewisser Vladimir Romanov (das ZDF und der Berliner Tagesspiegel damals: "Mini-Abramovitsch") aus Litauen nach Schottland kam und kurzerhand den gesamten Verein kaufte.
Als Trainer des schottischen Traditionsvereins wurde Ivanauskas Vizemeister und schottischer Pokalsieger, legte das Amt aber im März 2007 wegen gesundheitlicher Probleme nieder.

Interessant ist aber auch ein Bericht in der BERLINER ZEITUNG, der von neuen Investoren beim FC Carl Zeiss berichtet. Eine Firma aus der Baustoff- und Immobilienbranche wolle 20 Millionen Euro zahlen. Das Geld soll aber aus dubiosen russischen Quellen stammen.

Der Ostthüringischen Zeitung zufolge reagieren die Fans von Carl Zeiss Jena eher irritiert auf den neuen Trainer Ivanauskas. Sie zweifeln teilweise an Ivanauskas' Trainerfähigkeiten, und verdächtigen andererseits auch die neuen russischen Investoren als eigentlichen Hintergrund für die Entscheidung.

Da gibt es noch viel Arbeit, Valdas. Gero vėjo! Sėkmės!

Pressemitteilung des FC Carl Zeiss Jena zum neuen Trainer

Bericht Berliner Zeitung

Bericht Ostthüringer Zeitung

Diskussionsforum der Jena-Fans

Valdas Ivanauskas im Interview mit "Lietuvos Rytas" (litauisch)

Bericht Sportas.lt (Litauisch)

Wie Ivanauskas damals nach Österreich kam ... (Bericht bei Sport1.at)

19 September 2007

Hafenzufahrt Klaipeda jetzt sicherer

"Die Schifffahrt vor Litauen ist ein Stück sicherer geworden," so lautet das Resumee von Fregattenkapitän Detlef Schäfer, Kommandeur des Internationalen Minenabwehr-Verbandes "OPEN SPIRIT 2007", das jetzt seitens der Bundesmarine veröffentlicht wurde. "Gastland" war diesmal Litauen, und im Visier der Minensucher war in diesem Jahr ein Gebiet südlich der Hafenzufahrt Klaipeda.

Wieviele Munitionsrückstände aus dem 2.Weltkrieg dabei beseitigt werden konnte, darauf kommt es den Minenräumern laut Pressemitteilung gar nicht so sehr an. "Entscheidend aus Sicht der Minenabwehr ist, dass die internationale Seeschifffahrt, die Fischerei und die Touristikindustrie, diese Zahl erfährt: 90 Quadratseemeilen Küstenstreifen vor Litauen können als frei von Munitionsrückständen - und damit als sicher - gemeldet werden. Das ist der konkrete Erfolg.“

Derweil laden Umweltschützer in Deutschand für den 19.Oktober 2007 zu einem Symposium nach Kiel ein, um im Kreis von Fachleuten und Interessierten über alternative Methoden der Munitionsbeseitigung nachzudenken. "
Hohe Schalldrücke und explosionsbedingte Druckwellen, wie sie bei Munitionssprengungen auftreten können, führen bei Meeressäugern zu schwerwiegenden Verletzungen und Hörschäden," heißt es in der Ankündigung zur Veranstaltung.

Pressemitteilung der Bundesmarine

Fotos "Open Spirit 2007"

Infos des Naturschutzbundes Deutschland zum Symposium am 19.10.07 in Kiel
Download des Veranstaltungsprogramms (PDF-Datei)

NAB'U-Meereschutz

06 September 2007

Deutschland Krepsinis lehren

In Litauen sicher eines der wichtigsten Ereignisse des Jahres: die Basketball-Europameisterschaft. Und wenn Deutschland der Gegner ist:Krepsinis gegen Nowitzki sozusagen. Nun hat Litauen in der Vorrunde Deutschland knapp geschlagen - zurückhaltende litauische Taktik, oder winkt ein Wiedersehen im Halbfinale oder Finale?

"Es sieht ganz so aus, als ob Šarunas Jaskevičius die Basketball-Krone dieses Jahr wiederhaben will," so stellen es Berichte auf der offizielle Webseite der EM dar (Eurobasket2007).
Auch die deutschen Medien stellen Jaskevičius heute als den herausragenden Spieler heraus.

"Sport1.de" zitiert den deutschen Nationaltrainer Dirk Bauermann mit der Aussage über Jaskevičius: "Er hat die Athletik eines Michael Ballack, die Spielintelligenz eines Zinedine Zidanes, vor allem aber die Ausstrahlung eines Stefan Effenberg." Nur so versteht es wohl (Fußball-)Deutschland. Bauermann weiter: "Es ist schon unglaublich, dass in Litauen mit weniger als vier Millionen Einwohnern gelingt, was wir mit 80 Millionen nicht schaffen."

Schließlich war Litauen aber im Spiel gegen Deutschland schon schon klar auf der Siegerstraße - und ließ sich kurz vor Schluß beinahe noch abfangen, oder wurden nur Kräfte geschont? Für den Rest der EM kann jetzt spekuliert werden, denn beide Teams wollen mehr erreichen: möglichst ins Endspiel.

Also, auf ein Wiedersehen bei der EM: Deutschland-Litauen zum Zweiten!

Basketball-Fanseite der litauischen Vereinigung in Nürnberg

Offizielle Seite der Basketball-EM 2007

Bericht zum Spiel Deutschland-Litauen (litauisch)

Bericht zum Spiel (Englisch)

"Frust bei den Deutschen" - Bericht bei Sport1

"Das deutsche Team ist noch eine Wundertüte" - Bericht DIE WELT

"Gruppensieg verpaßt, Selbstvertrauen gewonnen" (Manager-Magazin)

"Dumme Niederlage" (Netzeitung)

"Dirk und die Schattenspieler" (Spiegel online)

"Dämpfer für deutsche Basketballer" (Frankfurter Neue Presse)

Bericht bei SPORT1.DE zur litauischen Mannschaft

Infos zu litauischen Basketballklubs (Seiten meist nur in Litauisch)

Basketball-Diskussionsforum (litauisch)

Litauischer Basketball-Verband

02 September 2007

Fahrradfahren unter Polizeischutz

NACHTRAG: Am vergangenen Freitag fand nun die Fahrraddemo "Critical Mass" (CM) in Vilnius nach den dramatischen Ereignissen vor einem Monat statt (siehe unten) - Sie endete mit der Verhaftung von Radfahrern.
Diesmal schützten 2 Polizeiautos den (Auto-)Verkehr vor den mehreren Hundert Radfahrern. Alles verlief friedlich und interessant war das Medienecho.

Empfehlenswert:

  • Bericht, Fotos auf www.delfi.lt mit 3-minütigen Film (wer mich mal Litauisch reden sehen will, muss allerdings bis zum Ende schauen...)
  • Neue CM Dokumentationsseite www.dviratis.org mit Links zu Bildern und Filmen
  • Film vom "eko(b)logas"

Ein trockener Tag oder: Alkoholismus heute verboten!

Der 1. September ist in Litauen für vieles bekannt: Zuallererst als "Tag der Lehre", denn dann beginnen Schulen und Universitäten. Dann als "Tag der Freiheit", denn am 31. August 1993 verließen die die letzten Überreste der Sowjetischen Armee den Baltenstaat. Dieses Jahr fiel der 1. September auf einen Samstag und so schlossen sich auch die Bauarbeiter an, ihren nicht mehr existierenden Ehrentag (26. August) zu feiern. Nur versprachen die Umstände dieses Jahr ein äußerst nüchternes Fest...

Und das kam so: Im scheinbar aussichtslosen Kampf gegen den Alkoholismus hatte ein Parlamentsmitglied eine scheinbar geniale Idee. Schon seit Sowjetzeiten versucht man, dem übermäßigen Alkoholkonsum, Herr zu werden. Berühmtheit erlangte schon Gorbatschows "Trockenes Gesetz" von 1986, dessen Überreste - Verbot von Verkauf von Alkohol nach 22.00 Uhr in Lettland noch teilweise existieren. Die Litauen sind da schon seit langem fortschrittlicher: Gesoffen werden kann immer und überall, 24-Stunden-Läden verkaufen den Stoff, ja, genau: rund um die Uhr. Das ist die neue litauische Freiheit und insofern ist man auch so frei, die höchsten Verkehrunfallraten in der Europäischen Union zu haben. Wen wundert's - ein Hauptproblem: Alkohol am Steuer.
Nun muss man nicht glauben, alle Litauer seien immer im Dauerrausch. Es gibt natürlich auch Gegenbewegungen, vor allem aus der katholischen Ecke, so eine Jugendbewegung für Nüchternheit. Als ob man sich auch darüber lustig machen wollte, war ihr Gründer, der Bischof Valančius früher auf dem 2-Litas-Geldschein verewigt, mit denen Durstige am liebsten ihr Bier bezahlten. Also kommen wir zurück zur neuen genialen Idee.

Ein unbekanntes Parlamentsmitglied (der Name taucht in den aktuellen Nachrichten nicht mehr auf und möchte nach dem ganzen Trubel wohl auch lieber anonym bleiben) brachte noch im vergangenen Jahr eine Änderung des "Gesetzes über Alkoholverkauf" ein. Und wie so oft, der Antrag wurde rasch durchgewunken. Erst nun rückte der 1. September näher, und nie war Litauen so nüchtern: Um unsere Schulkinder vor schlimmen Exzessen zu bewahren gilt ein völliges Verbot von Alkoholverkauf an diesem Tage!
"Litauen wird islamisch!" titelt die größte Tageszeitung Lietuvos Rytas. "Schwachsinn" sagt der sich sonst sehr gewählt ausdrückende Präsident Valdas Adamkus. Und natürlich beschwert sich auch der Gaststättenverband.

Andere machen aus der Not eine Tugend: "Wir erinnern Sie daran, dass am 1. September der Alkoholverkauf verboten ist." heißt es in Radio und TV. Und dann kommt der Name der größten Supermarktkette: "MAXIMA. Wir denken an alles."
Der Rest ist schnell erzählt: Nie war ein 1. September so ruhig, nie wurde soviel alkoholfreies Bier verkauft. Ein Lehrstück über Medienrummel und Parlamentsarbeit in einer jungen Demokratie. Ob das Gesetz wieder geändert wird? Abwarten und Tee trinken ...

Links (Litauisch)
Interview mit Präsident Valdas Adamkus
Interview mit dem Psychologen Gediminas NAVAITIS "Die Lust zum Trinken ist uns genetisch veranlagt"
Artikel in "Lietuvos Rytas" /Quelle des Bildes/