10 Juli 2007

Auf der Suche nach positiven Schlagzeilen

Macht Litauen Schlagzeilen? Vielleicht würden es sich Litauerinnen und Litauer gerne wünschen. Aber abgesehen davon, dass es vielleicht nicht immer gut ist, Aufsehen zu erzeugen: etwas mehr positive Presse wäre Litauen zu wünschen.

"Polnische Hooligans zerstören Fußballstadien in Litauen" - nein, dass kann das erwünschte Presseecho kaum sein (News4Press, 9.7.07). Polnisch-litauische Agressionen kann kein Wiederaufleben gewünscht werden, und finden in Litauen eigentlich auch keinen Widerhall. Wer "Spaß" an Gewalt hat, findet immer einen Anlaß. "Schande für den polnischcn Fußball" zitiert POLSKAWEB denn auch die eigene polnische Presse, auch im Hinblick auf die Fußball-Europameisterschaft 2012 in Polen.

"Bordeaux-Wein nun auch aus Litauen?" Auch dieser Schreckensruf in der Presse Österreichs kommt Litauen kaum zu Gute (Die Presse / VOL 4.7.07). Gemeint ist damit eigentlich die europäische Reform des Weinmarktes - wobei gerade den Österreichern besonders auffiel, dass theoretisch nun Spitzenweine aus Frankreich auch nach Litauen zum Abfüllen geschickt werden dürfen, ganz legal. Wein aus Litauen - es wäre eine Premiere. Aber für was steht da "Litauen"? Warum kein anderes Land als Beispiel? Eine kathegorische Weigerung, Litauen könnte auch nur theoretisch irgendwo Vorbild oder Vorreiter sein? Wein als Symbol für andere Ängste? Es ist keine Liebe, die da durch den Magen geht.

Litauen baut neues Atomkraftwerk - ob nun gerade diese energiepolitischen Schlagzeilen viel mehr Begeisterung für Litauen erreichen können, darf wohl auch eher bezweifelt werden. "Litauen wirft EU mangelnde Solidarität in energiepolitischen Fragen vor", derartiges war noch vor kurzem in der internationalen Presse zu lesen (siehe z.B. Financial Times). Wie auch, wenn sich Litauens Politiker jahrelang weigern, ein völlig marodes und nur mit internationalen Geldern notdürftig gesichertes AKW endlich abzuschalten, jahrelang weder einen Gedanken verschwenden an ökologisch optimalere Alternativen (geschweige denn auch nur einen Finger krumm machen dafür) - und dann aber plötzlich mit solchen Verbeugungen vor den Gelüsten der global verzweigten Atomindustrie daher kommen? Klar, Litauens Problem mit der 80%igen Abhngigkeit von der Atomenergie muss gelöst werden. Aber das "Wie" prägt hier auch das Echo. Da kann man natürlich prima lamentieren, "diese Ausländer im Westen" würden natürlich die litauischen Interessen nicht verstehen können. Klar. Es gibt aber auch gemeinsame Interessen, liebe Litauer.

Kaczynski ließ Vertragsabschluss in Litauen platzen: nur gut, da es vorerst wiederum die polnische Karte ist, die für Litauen nicht sticht (siehe Hannes Gamillscheg in DIE PRESSE, 6.7.07, oder auch BALTIC TIMES). Nun kann Kaczynski in diesem Fall nun mal auch nicht so einfach "seinen Bruder schicken" (wie er es mit der EU machte, und diese dann an seinen Marionettenfäden zu halten können glaubte). Die polnische Regierungskrise sei davor. Vielleicht findet Litauen einen zweiten Adamkus, am besten einen Zwillingsbruder, der als Marketingchef im Ausland Litauen repräsentieren könnte?

Und noch eine Schlagzeile: VATTENFALL interessiert am Bau des neuen Atomkraftwerks in Litauen. (Financial Times). Na, ob das nicht - nach dem rapiden Vertrauensverfall gerade dieses Energiekonzerns im Zusammenhang mit dem Unfall von Brunsbüttel - schon wieder ein Schlag zu Ungunsten angeblicher litauischer Interessen sein könnte?

Na gut, die meisten deutschen Touristen fahren trotzdem auf die Kurische Nehrung. Und lassen den "Rest Litauens" irgendwo rechts oder links liegen. Oder fahren durch, und merken offensichtlich nicht, was es noch an wirklichen litauischen Interessen, Themen und Belangen geben könnte. Oder keiner schreibt darüber. Abgesehen wiederum von der Tourismuswerbung. Aber ist das Litauen?

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