25 April 2006

Österreichs Erfurcht vor Litauen

Der Frühling naht - aber noch spielt der Wintersport in allen drei baltischen Staaten gegenwärtig die Hauptrolle. Im Mai findet in der lettischen Hauptstadt Riga die Eishockey-WM statt - ein mit dem Fußball-Hype in deutschen Landen für lettische Verhältnisse durchaus vergleichbares Ereignis. Zuvor jedoch werden in zwei Spielgruppen die beiden Aufsteiger in die Eliteklasse gesucht, die dann 2007 in Moskau um die WM mitspielen dürfen. Die eine Gruppe wird in Frankreich ausgetragen (dort tritt auch Deutschland an), die andere spielt in dieser Woche ihre Spiele in der Saku Suurhall im estnischen Tallinn.

Sowohl Litauen wie auch Estland sind in Tallinn dabei, neben Turnierfavorit Österreich. Nach acht Jahren in der Elite des Eishockey und der Pleite bei der Heim-WM im Vorjahr soll für die österreichische Nationalmannschaft die Zweitklassigkeit nur kurz sein - so wünschen es sich auch die österreichischen Medien. Die meisten halten Polen für den härtesten Gegner, den Österreichs Spielbilanz ist gegen die Polen mit 19:24 negativ. Trainer Boni warte trotzdem vor möglicher Arroganz gegenüber vermeintlich leichten Gegnern. Und mit ungewohnten Verhältnissen muss sich das Austria-Team anfreunden: Das Auftaktspiel gegen Kroatien gewannen die "Ösis" zwar klar 6:0, spielten aber vor nur 400 Zuschauern in der 7600 Zuschauer fassenden Suurhall. 100 Österreicher, und nur 10 Kroaten (nach angeblich 48-stündiger Zugfahrt in Tallinn angekommen) zählte die Wiener Zeitung. Vielleicht lag es daran, dass es - ungewöhnlich für Estland - für den Ticketkauf im Internet zwar eine Webseite gibt, das aber nur in Estnisch gehalten.

Heimvorteil: Estland. Oder doch Litauen?
Die zweite große Hürde hätten also für die Österreicher im 2.Spiel die einheimischen Esten sein können (die Halle war ausverkauft!). 3:1 hieß es dann doch für das Team Austria - doch am selben Tag schaffte Litauen die Überraschung: sie schlugen Polen mit 2:1. Es war der erste Sieg der Litauer in ihrer Länderspielgeschichte im Eishockey gegen das südliche Nachbarland. Nun gerät die Kalkulation aus österreichischer Sicht etwas durcheinander: soll man sich nun freuen, dass man Polen nun einen Vorteil voraus hat, oder muss Litauen gefürchtet werden als nächster Gegner? (Spiel am 26.4. um 12 Uhr).
Sport1 hat es in Österreich ganz genau recherchiert: in Litauen seien 689 Eishockey-Spieler registriert, 16 männliche Schiedsrichter seien aktiv, und es gäbe fünf litauische Eisplätze (drei Hallen, zwei Freiluft). In Österreich seien es immerhin über 9.000 Spieler und über 100 Spielplätze. Wenn doch solche Statistik zu automatischen Siegen führen könnte!
Es scheint eher doch etwas Überheblichkeit sich auszubreiten. Als "Riverhockey auf einem zugefrorenen Teich" charakterisierte Austria-Teamchef Boni das 6:0 Spiel gegen Kroatien (Wiener Zeitung). Doch kennt er wirklich seine Gegner? Polen kenne er gut, schreibt DER STANDARD, von ihnen habe er sich "via DVD ein Bild gemacht."

Gute Vorbereitung? Am Mittwoch wird sich zeigen, ob Grund zu neuer sportlicher Erfurcht Östereichs gegenüber Litauen besteht.

11 April 2006

Internet in Litauen - Nutzung weniger verbreitet als in restlicher EU

Estland gilt als IT-Vorreiter, auch Lettland betreibt e-government-Projekte, aber wie sehr nutzen die Litauer eigentlich das Internet? Eine neue Studie von Eurostat, dem Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaften, enthält Interessantes: trotz allen Erfolgen beim Wirtschaftswachstum in Litauen hängen die Privatpersonen und sogar die Unternehmen in dem südlichsten der drei baltischen Staaten den Trends in der übrigen EU hinterher.

Zahlen für Private und Unternehmen

Der EUROSTAT-Bericht, veröffentlicht per Pressemeldung am 6.April 2006, weist eine Internet-Nutzung in der neuen, erweiterten EU der 25 von durchschnittlich 40% aus. Diese 40% geben eine Nutzung des Internets mindestens einmal wöchentlich an (alle Zahlen auf Grundlage des 1.Quartals 2005). 91% der Unternehmen hatten im Bereich der EU Internetzugang, 63% verfügten über einen Breitbandanschluß.

Bei den Privathaushalten gehen die Schwankungen am weitesten auseinander, und hier kommt Litauen erstmals ins Bild: die meisten Privathaushalte haben in den Niederlanden eigenen Internetzugang (78%), die wenigsten in Litauen (nur 16%). In Estland sind es 39%, in Lettland sogar 42%, in Deutschland 62%..
Auch bei den im Lande tätigen Unternehmen liegt Litauen weit hinten: Spitzenreiter bei der Internetnutzung durch Unternehmen ist mit 98% Finnland, in Litauen sind es nur 86% (dahinter kommen nur noch Zypern mit 85% und Ungarn mit 78%). Hier liegen die entsprechenden Zahlen für Lettland bei 75% und Estland bei 90% (Deutschland 94%).

62% der Unternehmen in den EU25-Ländern sind selbst im Internet durch eine Webseite präsent, in Litauen sind es nur 41% (in Lettland sogar nur 29%, in Estland 53%, Deutschland 72%)

Beim Breitbandanschluß führen erneut die Privathaushalte der Niederlande (54%), bei den Unternehmen ist es Schweden (83%). In Litauen verfügen nur 12% über so einen "schnellen Draht ins Netz" (Lettland 13%, Deutschland 23%, Estland 30%!)


Männer und Frauen - virtuelle und tatsächliche Unterschiede
Speziell für Litauen wie auch für Lettland ist noch, dass dort Männer wie Frauen gleichmäßig oft das Internet nutzen, während es durchschnittlich in der übrigen EU 49% der Männer aber nur 38% der Frauen sind. In Deutschland ist dieser Unterschied sehr hoch: 62% der Männer gaben an, das Internet mindestens einmal pro Woche zu nutzen, bei den Frauen waren es nur 47%.

Die Untersuchung gibt auch Zahlen dafür an, wie groß der Anteil derjenigen ist, die noch niemals das Internet bisher genutzt haben. In Litauen sind das durchschnittlich 61% der Einwohner, allerdings nur 4% der Schüler/innen und Studierenden. In Deutschland haben immerhin noch 29% bisher nie das Internet genutzt, aber bei den Studierenden ist diese Zahl so klein, dass sie nicht mehr extra in die Statistik aufgenommen wurde (wie auch in Estland).